Zollverein: Kokerei mit Riesenrad
Die zwischen 1957 und 1961 erbaute Kokerei Zollverein zählte nach ihrem Ausbau Anfang der 70er Jahre zu den größten und modernsten Anlagen ihrer Art in Europa.
Sie sicherte auf ihrer „schwarzen“ Seite mit einer Tagesproduktion von 5000t bis 8000t Koks, der als hochwertiger Brennstoff (Hüttenkoks) in der Eisen- und Stahlgewinnung verfeuert wurde, ca. 1.000 Beschäftigten den Arbeitsplatz. Als Abfallprodukte bei der Verkokung von Kohle zu Koks entstand täglich bis zu 4 Mio m³ Kokereigas, das auf der „weißen“ Seite der Kokerei gereinigt und größtenteils als Fernwärmegas verwendet wurde. Die weiteren Abfallprodukte wie Rohbenzol und Rohteer wurden an die chemische Industrie verkauft.
Durch ihre Angliederung an die Schachtanlage XII der Zeche Zollverein weist die Kokerei Zollverein ebenfalls eine funktional ausgerichtet Architektur aus, die von Fritz Schupp durchdacht worden war. Schupp war bereits einer der beiden Architekten, die schon Schacht XII zu seinem schlichten, aber imposanten Erscheinungsbild verholfen hatten.
Stahlkrise führt zur Schließung der Kokerei Zollverein
Mit Beginn der Stahlkrise Ende der 80er Jahre sank auch der Stern der Kokerei. Da sie hauptsächlich die Eisen und Stahl erzeugende Industrie mit ihrem Koks belieferte und es modernere Kokereien und Überkapazitäten gab, war einer Stilllegung 1993 nicht mehr aus dem Weg zu gehen.
Dadurch, dass die gesamte Anlage 1995 in die Stiftung „Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur“ aufgenommen wurde, konnte ihr Abriß verhindert werden. So wurde erstmalig die einst „verbotene Stadt“, d. h. die Kokerei, der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Weg, über eine sinnvolle Nutzung der über 800m langen Koksofenbatterie und deren angegliederter, zur Weiterverarbeitung dienenden Gebäudekomplexe nachzudenken, war frei. Die Kokerei wurde mit der Zeche Zollverein 2002 in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen und symbolisiert mittlerweile eine Art „Verbindungsstück“ zwischen Zukunft und Vergangenheit. Nach den Vorstellungen der Planer entstand ein Solarkraftwerk das mit 2 MW Leistung den Strombedarf von ca. 450 Haushalten decken kann.
Sonne, Mond und Sterne, Auftakt einer neuen Zeit auf Kokerei Zollverein
Im Rahmen der Ausstellung „Sonne, Mond und Sterne“ wurde bereits begonnen, diese Vision in die Tat umzusetzen. Dort konnte jeder Besucher mit einem eigens zwischen den Öfen installierten Riesenrad fahren und für 15.-DM 1 KW Solarenergie mitinstallieren. Als „Dankeschön“ wurde jeder Spender in eine elektronische Ehrentafel aufgenommen oder konnte sich die Stiftungsurkunde aushändigen lassen. Die Aktion, die unter dem Motto „Watt aus der Sonne“ läuft, stand unter der Schirmherrschaft des damaligen NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement. Er wurde von innovativen Unternehmen und Persönlichkeiten aus Politik und Kultur unterstützt.
Umnutzung auf dem Kokerei-Areal
Im neuen Jahrtausend wurden Teile der weissen Seite der Kokerei rückgebaut, manche Gebäude entkernt und umgenutzt. Auch die RAG Montan Immobilien hat einen Neubau auf dem Gelände erbaut und bezogen. Gleichzeitig stand die Aktion „Watt aus Sonne“ in der Kritik durch die UNESCO. Das Riesenrad sollte entfernt werden, konnte jedoch bis jetzt erhalten werden. Es steht allerdings wie die Kokerei seit vielen Jahren still. Ein ambitioniertes Projekt zur Ansiedlung eines Hotels in den ehemaligen Kühltürmen hat sich zerschlagen. Sie stehen heute unverkleidet als Stahlskelette auf dem Gelände. Ein neues Konzept sieht vor, sie in den sogenannten „EUREF Campus Zollverein“ einzubeziehen. Es soll ein modernes und zukunftsweisendes Innovationszentrum für das gesamte Ruhrgebiet werden.
Die ehemalige Sauger- und Kompressorenhalle wurde zur Grand Hall Zollverein und dient seit 2016 als Eventlocation. Ein Großteil der ehemaligen maschinellen Ausstattung wurde dafür entfernt, es sind jedoch Ansichtsexemplare erhalten geblieben, zwischen die die Eventfläche eingefügt wurde.