Hüttenwerke Harz, Unterharzer Berg- und Hüttenwerke und Harz-Metall
Bis in ihre jüngste Vergangenheit gibt es über die Hüttenwerke Harz bzw. die Zink- und Bleihütte in Oker und Harlingerode eine wechselvolle Geschichte zu berichten. Bereits 1527 wurde durch Herzog Heinrich dem Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel im heutigen Oker die Frau Marien-Saigerhütte errichtet. Über Jahrhunderte verblieben die Hüttenaktivitäten größtenteils in staatlicher Hand und gingen 1924 schließlich in den Unterharzer Berg- und Hüttenwerken unter dem Dach der PREUSSAG auf. Nach der Loslösung von der PREUSSAG werden die Eigentümerverhältnisse unübersichtlicher. Im Mai 2020 meldeten die auf dem ehemaligen PREUSSAG-Areal befindlichen Nachfolgebetriebe unter dem Dach der französischen Metaleurop/Recyclex Group Insolvenz an und stellten wenig später die Produktion ein. Auch Zusagen der Politik, möglichen Investoren die Haftung für Altlasten im Harz abzunehmen, brachten zunächst keine Lösung. So sah es einige Monate so aus, als wenn das Ende einer hunderte Jahre alten Hüttengeschichte besiegelt und die verbliebenen Arbeitsplätze verloren waren.
Seit Oktober 2020 ist klar: Harz-Metall, Norzinco und PPM Pure Metals werden unter neuen Eigentümern fortgeführt. Die Zink-Recyclingsparte von Harz-Metall wird von einem Joint Venture der belgischen Jean Goldschmidt International (JGI) und der Zink-Recycler Zinc Nacional aus Mexiko übernommen. Die Bleirecycling-Sparte sowie der Industriepark der Harz Metall gehen an die Hildesheimer Bettels-Gruppe, welche bereits Aktivitäten im Bereich Entsorgung/Rohstoffe vorweisen kann. Das Schutzschirmverfahren für die Norzinco GmbH führte im Rahmen einer übertragenden Sanierung unter das Dach der österreichischen IMR-Gruppe. Durch die jeweiligen Übernahmen konnten viele Arbeitsplätze erhalten werden.
Von der Frau-Marien-Saigerhütte zu den Unterharzer Berg- und Hüttenwerken
Am Betriebsstandort in Oker/Harlingerode wurden schon im Mittelalter die aus dem Erzbergwerk Rammelsberg geförderten Erze verhüttet. Die Wurzeln der Anlage gehen auf die 1527 gegründete Frau-Marien-Saigerhütte zurück. Die Herzöge von Braunschweig ließen hier seinerzeit Silber und Blei schmelzen. Bis hinein ins 19. Jahrhundert blieben die Produktionsmengen und Mitarbeiterzahlen jedoch noch äußerst bescheiden. 1866 erhielt die Hütte in Oker einen Gleisanschluss und profitierte von einem neuentdeckten Erzlager am Rammelsberg. Aus einigen hundert, wurden tausende Tonnen gewonnenes Kupfer und Blei. Auch Silber und Gold waren in geringerem Umfang Produkte der Hütte aus dem Rammelsberg-Erz. Wie die Produktion, weitete sich auch die Zahl der Mitarbeiter aus.
Nach dem ersten Weltkrieg ging die bis dahin größtenteils staatliche Hütte teilweise in das Eigentum der neu gegründeten Preußischen Bergwerks und Hütten AG über (die allerdings auch in Staatsbesitz war). Unter dem Dach der eigens gegründeten Unterharzer Berg- und Hüttenwerke GmbH (zu ihr gehörten u. a. auch der Rammelsberg, das Erzbergwerk Grund, die Herzog-Julius-Hütte und die Frau-Sophien-Hütte) firmierte die Hütte als Hüttenwerke Oker. Nachdem es zuvor nicht gelang auch das Zink aus dem Rammelsberger Erz zu verhütten, kam Anfang des 20. Jahrhunderts der Durchbruch um die noch zinkreichen deponierten Schlacken der Blei-Hütte aufzuarbeiten. So konnte ab 1907 eine Zinkoxydhütte in Betrieb genommen werden.
Im Nachgang des Rammelsberg-Projekts erfuhren auch die Hüttenwerke Oker ab 1935 eine umfangreiche Modernisierung. Maßgeblich verantwortlich war auch in Oker (wie auch an den heutigen Weltkulturerbestätten Rammelsberg und Zeche Zollverein in Essen) das Architekten-Büro Schupp und Kremmer. So entstand auch die spätere Zinkhütte Harlingerode auf der grünen Wiese. Ziel war es das Zink direkt aus dem Erz zu gewinnen und nicht nur aus dem Restgehalt der Schlacken. Das aus den Röstöfen stammende Zinkoxid wurde im New-Jersey-Verfahren zu Zink reduziert. Bis Kriegsende beschäftigte die Hütte auch eine nennenswerte Zahl ausländischer Zwangsarbeiter. Nach dem Krieg wurde unter britischer Besatzung recht bald wieder mit einer stark dezimierten Belegschaft gearbeitet. Das spätere „Wirtschaftswunder“ erreichte auch die Hüttenwerke Oker und führte zu steigenden Mitarbeiterzahlen, neuen Anlagen und steigender Produktion.
Unterharzer Berg- und Hüttenwerke: Alles wird PREUSSAG AG Metall
In den 1960er Jahren fasste die eigens gegründete PREUSSAG AG Metall die mittlerweile drei auf dem Areal operierenden Werke zusammen und übernahm Anteile, die sich noch im Besitz des Landes Niedersachsen befanden. Aus der Zinkhütte Harlingerode, der Zinkoxydhütte Oker und der Bleihütte Oker wurde das Hüttenwerk Harz. Ende der 1960er Jahre nahm die Wirtschaftlichkeit des ehemaligen Werks 1 im Zinkoxydbetrieb zunehmend ab. Die Schachtöfen wurden fortschreitend durch Drehrohröfen ersetzt. Die Halbschachtöfen des Werks 2 sollten darüber hinaus durch einen Schmelzzyklonbetrieb abgelöst werden. Die 1970er Jahre bedeuteten aus wirtschaftlichen Gründen das Ende der Bleierzverhüttung in Oker. Der Prozess wurde im verkleinerten Rahmen auf die Gewinnung von Blei aus Akkuschrott umgestellt.
Die Mitarbeiterzahl verringerte sich durch diesen Schritt im Betriebsteil erheblich. 1977 wurde die Schmelzzyklonanlage im Bereich Zinkoxid in Betrieb genommen, lief jedoch nur unbefriedigend. Die Anlage war unzuverlässig und ihr Zinkoxid war qualitativ am eigenen Standort nicht verwertbar. 1981 erfolgte die Stilllegung zahlreicher Öfen im Bereich der Zinkhütte Harlingerode. Die Verhüttung von Zink im großen Stil endete mit diesem Schritt und man trennte sich von hunderten Mitarbeitern. 1985 wurde die problematische Schmelzzyklon-Anlage der Zinkoxydhütte dann auch bereits wieder stillgelegt. Die dürftige Wirtschaftlichkeit und fallende Metallpreise ließen der Unternehmensleitung kaum eine andere Wahl und die PREUSSAG betrieb ohnehin bereits die Trennung von ihren Metall-Aktivitäten. Das Hüttenwerk Harz ging an die neu gegründete Harz-Metall GmbH über und suchte seine Zukunft zunehmend im Geschäft mit Blei- und Polypropylen-Recycling aus Akkuschrott. Die GmbH gehörte zu diesem Zeitpunkt noch der PREUSSAG.
Von der PREUSSAG zur Metaleurop
Mit dem Ende der Förderung auf dem Rammelsberg trennte sich die PREUSSAG von der PREUSSAG AG Metall. Im Zuge des Wandels des Gesamtkonzerns zum heutigen Touristikkonzern TUI, wurden die Hüttenaktivitäten Ende der 1980er an die Metaleurop S.A. übertragen. Der große Eisenhütten-Betrieb (PREUSSAG Stahl) in Salzgitter wurde zur Salzgitter AG. Der Charakter der Hütte hat sich mit der Stilllegung weiter Teile der Blei- und Zinkhütte seit den 1980er Jahren dramatisch verändert, die Bedeutung der Metallurgie nahm dabei ab. Dennoch konnten die Folgeunternehmen erfolgreich weiterbetrieben werden.
Noch in den späten 1980er Jahren sah die Zukunft des Standortes ganz anders aus. Die Metallpreise waren am Boden, die PREUSSAG diversifizierte in völlig neue Geschäftsbereiche und zog sich aus dem zyklischen Metall- und Bergbaugeschäft zurück. Einige Betriebsteile waren bereits stillgelegt und für andere gab es bereits Stilllegungsbeschlüsse des PREUSSAG-Vorstands. Die Zinkhütte war trotz hoher Produktion nicht mehr konkurrenzfähig und wurde Mitte 1988 stillgelegt. Es bestand hoher Investitionsbedarf und die anhaltend fallenden Rohstoffpreise verdüsterten angesichts hoher Produktionskosten die Perspektive des wirtschaftlichen Betriebs sämtlicher Anlagen in Oker/Harlingerode.
Müllverbrennung oder Hüttenwerk?
Noch 1989 gab es am Hüttenstandort Pläne der Harz-Metall für eine teilweise Umnutzung als Müllverbrennungsanlage. 85 Mio. DM sollten investiert werden um 30.000 Tonnen Sondermüll pro Jahr verbrennen zu können. Interessanterweise drehte sich die Kritik an diesen Plänen damals sehr um den potenziellen Ausstoß von Dioxin bei einem Filterausfall. Das ist rückblickend deshalb so bemerkenswert, weil die zahlreichen Hüttenbetriebe im Ober- und Unterharz diesen Schadstoff ja über Jahrzehnte und Jahrhunderte ungefiltert ausgestoßen hatten und auch die Hüttentechnik in den 1980ern gerade erst begonnen hatte dem wachsenden Umweltbewusstsein durch aufwendige Filterung der Abgase Rechnung zu tragen.
Einen Dioxinfilter erhielt der heute noch betriebene große Drehrohrofen der Hütte in Oker dann auch erst im Jahr 2001. Dioxin und Schwermetallbelastung wurden erst in den 2010er und 2020er Jahren im Rahmen der wieder stark an Bedeutung gewinnenden Klima- und Umweltbewegung wieder ein großes Thema. Hierzu trugen neben wachrüttelnden lokalen Akteuren der Umweltverbände auch bundesweit medial beachtete Berichterstattungen rund um Unregelmäßigkeiten bei Messungen und Filtertechnik bei. 2021 konnte Umweltminister Olaf Lies in Hannover die ersten Ergebnisse unabhängiger Untersuchungen vorstellen. Die zulässigen Immissionswerte durch Schwermetalldepositionen werden eingehalten und auch die Belastung durch Dioxine und Furane in Luft und Staubniederschlag fällt gering aus. Ebenfalls gering fiel allerdings auch das Interesse und die Teilnahmebereitschaft an den von Umweltverbänden in der Vergangenheit vehement geforderten umweltmedizinischen Untersuchungen in Harlingerode und Oker aus.
Die Hütte lebt weiter: Harz Metall
Letztendlich konnten alle Krisen nicht dem gesamten Hüttenstandort den Todesstoß versetzen und so existiert auch heute noch ein einigermaßen reger Betrieb (die MVA wurde nie realisiert). Während zwischen den 1950er und 1980er Jahren mehrere tausend Menschen Arbeit in der Blei- und Zinkerzeugung auf der Hütte fanden, sind heute im Recycling nur noch wenige hundert Arbeitsplätze erhalten. Auch der Gebäudebestand hat sich über die vergangenen Jahrzehnte sichtbar dezimiert. Der Standort hat sich zu einem Recycling-Betrieb kleinerer, aber keineswegs bedeutungsloser Art verändert und sich neu erfunden. Von Unternehmensseite hat sich auch in Sachen Umweltschutz durchaus einiges getan. Immerhin hat die Harz-Metall GmbH im noch verbliebenen Wälzbetrieb zur Zink-Gewinnung nicht nur moderne Filteranlagen nachgerüstet, sondern sich als Rechtsnachfolgerin auch zur Behandlung sämtlicher Altlasten der Unterharzer Hüttenwerke verpflichtet. Angesichts der Historie und der Ausmaße ist das durchaus ein respektables Unterfangen für einen relativ kleinen Nachfolgebetrieb.
Trivial ist die Sache jedenfalls nicht, denn die vor langer Zeit wohl etwas unbedarft aufgehaldeten Stoffe entzünden sich auch schon mal selbst und führen zu Schwelbränden in den Alt-Halden. Natürlich hat allein die Stilllegung früher elementarer Hütten-Betriebsteile einiges zur Verbesserung der Emissions-Situation beigetragen, wenn auch insbesondere Blei und Cadmium im unmittelbaren Umfeld noch ein Thema sind. Allein die Stilllegung der früheren Rösthütte und ihrer Ofenhäuser, der damit verbundenen Schwefelsäure-Produktion und das Ende der Blei-Raffination 2001 sind hier Beispiele die für Entspannung sorgten. Während noch bis in die 1980er Jahren nicht selten SMOG-Alarm um Oker/Harlingerode ausgerufen werden musste, ist das heute nicht mehr der Fall.
Schwermetalle, Dioxin und andere Altlasten
Die Schwermetallbelastung und die Alt-Halden-Problematik an ehemaligen und verbliebenen Hüttenstandorten sind bis heute ein heißes Thema im Harz. Naturschutzverbände begleiten diesen Prozess kritisch. Wahrscheinlich ist das im Hinblick auf die in den teilweise hunderte Jahre alten Halden reagierenden Stoffen auch nicht unberechtigt, stößt aber naturgemäß auch immer wieder an die Grenze dessen was technisch und betriebswirtschaftlich leistbar ist. Die Belastungen von Böden und Alt-Deponien sind sicherlich ein Thema, das an vielen, teilweise viele hundert Jahre alten Hütten(alt)-Standorten und ihrer Umgebung noch eine ganze Weile aktuell bleiben wird. Die häufig idyllisch umwaldeten Alt-Standorte schreien an einigen Standorten auch nicht gerade dazu ihre belastete Historie an die ganz große Glocke zu hängen, immerhin lebt man heutzutage vom Tourismus und hat mit Borkenkäfer & Co bereits genügend abschreckendes zu verkraften.
Einige in Oker/Harlingerode traditionell problematische Betriebsteile wurden aufgrund hoher notwendiger Investitionen bereits vor langer Zeit von der PREUSSAG stillgelegt. Die Altlasten müssen noch heute kostenintensiv beseitigt werden. Z.B. wurde auf dem Gelände als Nebenprodukt zwischen 1950 und 1983 auch Rattengift auf Basis des Sondermetalls Thallium produziert. Der millionenschwere Rückbau der entsprechenden Anlage in 2012 fand im Interesse der Anlieger unter hohen Schutzmaßnahmen und großem öffentlichen Interesse statt.
Die Hütte in der jüngeren Vergangenheit
Manche der Ende der 1980er schon totgesagten Betriebsteile der Hüttenwerke Harz, haben noch eine Weile weiter existiert, andere bis heute den Umschwung geschafft. Dazu gehörte die Zinkhütte, die nach ihrer Stilllegung 1988 noch bis ins Jahr 2000 in stark verkleinertem Rahmen weiterproduzieren konnte. Der im Vergleich zur Produktion jedoch zu hohe Investitionsbedarf für einen umweltgerechten und wirtschaftlichen Weiterbetrieb bedeutete ihr endgültiges Ende. Auf dem Zinkhütten-Areal befindet sich heute eine Elektrorecycling-Anlage, die noch zu PREUSSAG-Zeiten, gemeinsam mit der Deutschen Bundespost / Telekom, der Siemens AG, Alcatel SEL AG und der Noell GmbH konzipiert worden war und nun selbstständig agiert. Studien hatten ergeben, dass viele Elektro-Altgeräte einen höheren Metallgehalt aufweisen, als viele abbauwürdige Erze.
Seit Mitte der 1990er Jahre wurden von 100 Mitarbeitern monatlich ca. 1000 Tonnen Elektroaltgeräte recycled. Electrocycling verwertete allein im Rahmen der Digitalisierung der Telekom-Infrastruktur mehr als 50.000 Tonnen Elektroschrott. In den frühen 2000er Jahren erweiterte Electrocycling im Jahre 2010 seine Anlagenkapazität von 30.000 auf 80.000 Jahrestonnen und verarbeitet seit 2011 mit rund 230 Mitarbeitern gut 5.000 Tonnen Elektroschrott pro Monat.
Frühere Harzer Hüttenwerke nun Recycling Standort
Das Gelände der Hüttenwerke Harz, der späteren Harz-Metall GmbH, umfasst auch die NORZINCO, ein Unternehmen zur Erzeugung von Zinkoxid und Zinkstaub nach dem New-Jersey-Verfahren (das bereits 1935 auf der Zinkhütte Harlingerode Einzug hielt). Auf dem einst von Röst-, Schacht-, Halbschacht- und Drehrohröfen dominierten Hüttengelände befindet sich im Zinkoxidbereich nur noch ein Wälzbtrieb der Harz-Metall. Er betreibt Zink-Gewinnung aus Stahlwerksstäuben im Drehrohrofen. Neben diesem Bereich existiert eine Aufbereitung für Blei-Akku-Schrott.
Die „C2P“ fertigt aus geshreddertem Polypropylen (u.a. Batterieverkleidungen, aber auch Werkstoff u. a. in der Elektro- und Automobilindustrie) wieder Granulat zur erneuten Verwendung von Kunststoffverkleidungen. Das zurückgewonnene Blei ging zur Weiterberarbeitung an die konzerneigene Bleihütte in Nordenham. Die Gebäude der ehemaligen Primärhütten auf dem Gelände in Oker / Harlingerode wurden zunehmend für die Recycling-Aktivitäten umgenutzt oder abgebrochen. Am umfangreichsten erhalten sind die Anlagen des Zinkoxid-Werks II. Sie beheimaten heute den Wälzbetrieb. Die wenig glückreiche Schmelzzyklon-Anlage beherbergt heute die Trockenstaubannahme und -pelletierung für den Wälzbetrieb.
Eine Hütte viele Eigentümer: Harz Metall, Recyclex, Metaleurop, Norzinco
Die spätere Fragmentierung der Hüttenteile ist keine Erfindung der Post-PREUSSAG-Ära. Schon früher arbeiteten am Standort die Zinkhütte, Zinkoxydhütte und Bleihütte relativ unabhängig voneinander. Auch längst verrentete Alt-Mitarbeiter trennen noch heute strikt nach Blei-, Zink- und Zinkoxid-Aktivitäten ihrer Hütte. Die spätere Harz-Metall gehörte zur Recyclex Group, ehem. Metaleurop. Metaleurop und Recyclex haben größtenteils französische Wurzeln und so befindet sich der Hauptsitz in Paris. Seit 2020 gehört die Zink-Recyclingsparte von Harz-Metall der belgischen Jean Goldschmidt International (JGI) und der Zink-Recycler Zinc Nacional aus Mexiko. Die Bleirecycling-Sparte sowie der Industriepark der Harz Metall ist im Eigentum der Hildesheimer Bettels-Gruppe. Die Norzinco GmbH befindet sich unter dem Dach der österreichischen IMR-Gruppe. Durch die jeweiligen Übernahmen konnten nach der Insolvenz der Recyclex Group und ihrer Trennung vom Standort in Oker/Harlingerode viele Arbeitsplätze erhalten werden.
Vater, Großvater und Ur-Großmutter des Autors dieser Seiten haben bei den Hüttenwerken Harz gearbeitet. Die Ur-Großmutter hat bei einem Arbeitsunfall ihr Leben verloren. Vater hatte auch schon mal „Blei“. Der Opa träumte bis zu seinem Tod noch manchmal von der Hütte und wusste manche interessante Geschichte zu erzählen. Für den Autor dieser Zeilen boten die einst bedeutendsten Arbeitgeber der Region (Rammelsberg, Goslar und Hüttenwerk Harz) keine berufliche Perspektive mehr. Sie begründeten nach mancher Fahrt entlang der imposanten Anlagen aber bis zum heutigen Tage wohl das Interesse an der Schwerindustrie und Industriekultur.
Die TUI und ihr PREUSSAG-Erbe
Ob sich die Transformation des traditionsreichen PREUSSAG-Konzerns zur TUI aus wirtschaftlichen Aspekten gelohnt hat, kann man rückblickend wohl durchaus kritisch bewerten. Zwar ist die zur TUI transformierte PREUSSAG durch Zukäufe (u. a. Thomas Cook) der größte Reise-/Touristikkonzern Europas geworden, doch bedeutete der Weg dorthin auch Schulden und sehr teure Übernahmen. Der Konzern erwirtschaftet immer wieder Verluste und erzielt geringe Margen. Enttäuschte Anleger sahen in dem Prozess eine gigantische Wertvernichtung und das Unternehmen stieg vom DAX in den MDAX ab (heute im FTSE notiert). Der Börsenwert beträgt nur noch einen Bruchteil der Höhen der späten 1990er Jahre und der Konzern musste, vor allem während der Covid-Pandemie, mit mehreren Milliardenpaketen durch den Staat gerettet werden.
2013 wurde der Konzern-Umbauer und einst hierfür vom Großaktionär West-LB installierte PREUSSAG/TUI-Chef Michael Frenzel gegen den Vodafone-Deutschland-CEO Fritz Joussen ausgetauscht. Zwei Dinge hatten beide gemeinsam: Die Touristik war ihnen bei Amtsantritt fremd und beide starteten ihre Karriere als CEO in später zwangsgewandelten Montan-Konzernen (Joussen bei Mannesmann/Vodafone). Er reduzierte die ohnehin überschaubare Zentrale in Hannover von 186 auf 100 Mitarbeiter reduzieren. Die Mehrheit an Hapag Lloyd (1997 eine der wichtigsten Säulen, auf die sich die beginnende Transformation der PREUSSAG einmal maßgeblich stützte) hat wieder abgegeben. Bei der TUI Deutschland arbeiten noch rund 5.000 Mitarbeiter. Die Musik im Gesamtkonzern spielt heute zum Großteil in England. Dort hat man die Führung der Touristikaktivitäten bei TUI Travel zusammengefasst. Der einstige Mega-Industriekonzern und Arbeitgeber PREUSSAG ist heute nicht mehr wiederzuerkennen. 2021 war die Zukunft von TUI im Zuge der Corona-Pandemie zeitweise so ungewiss wie selten zuvor.
Neuer Eigentümer des Areals der ehemaligen Harzer Hüttenwerke
Die einstigen Hüttenaktivitäten und die dortigen Rechtsnachfolger der PREUSSAG meldeten derweil in Oker/Harlingerode Insolvenz an. Sie wurden von neuen Eigentümern übernommen. Die wechselvolle Geschichte der ehemaligen Konzernmutter und ihrer verstoßenen Töchter wird noch eine Weile weitergehen. Der Gebäudebestand auf dem Hüttenareal in Oker/Harlingerode wurde in der Folge weiter empfindlich dezimiert. Geplant sind an gleicher Stelle eine Aufbereitungsanlage für Straßenaufbruch sowie einer neuen Anlage für die Aufbereitung von Akkuschrott