Leopold Hoesch und sein Werk: Die Westfalenhütte
Die Wurzeln der Westfalenhütte gehen zurück bis in die 1870er Jahre. Doch von der späteren Größe war noch nichts zu ahnen, als der Dürener Unternehmer Leopold Hoesch das Eisen- und Stahlwerk Hoesch 1871 gründete. Mit der Hermannshütte und der Dortmunder-Union waren bereits zwei große etablierte Konkurrenten von Dortmund aus im Geschäft.
Doch das Eisenwerk der Hoeschs florierte, was sich nicht zuletzt im Umfeld bemerkbar machte: Das “Hoeschviertel” entstand. Im Zentrum stand das 1914 errichtete repräsentative Hauptverwaltungsgebäude. Zwischenzeitlich hatte Hoesch auch die Zeche Westfalia und die Kokerei Kaiserstuhl in unmittelbarer Nähe der späteren Westfalenhütte gekauft. Die Hoeschs gaben in dieser Zeit bereits vielen tausend Menschen Arbeit. In den 1950er Jahren nach dem zweiten Weltkrieg war aus der Keimzelle Hoschs im Nordosten Dortmunds bereits ein Konzern mit 40tausend Mitarbeitern erwachsen.
1966 gehen die mittlerweile zur Dortmund-Hörder Hüttenunion fusionierten Konkurrenten mit der Westfalenhütte zusammen. HOESCH wird zum Namen für Stahl aus Dortmund.
HOESCH und Koninklijke Nederlandse Hoogovens: Ehschließung und rasche Scheidung
In der Folge der Stahlkrise Ende der 60er / Anfang der 70er Jahre bildete HOESCH mit der niederländischen HOOGOVENS den neuen europäischen Stahlkonzern ESTEL NV. National agieren die Konzernteile zwischen 1972 und 1979 zeitweise als ESTEL Hoogovens und ESTEL Hoesch. Doch der Verbund stellt sich als nicht erfolgreich heraus und wird wieder aufgelöst. Während Ende der 60er Jahre noch 34.000 Hoeschianer in Dortmund in Lohn und Brot standen, waren es zu diesem Zeitpunkt nur noch rund 20.000. Die Hochöfen am Standort Union waren aufgegeben und ein neues Stahlwerk angesichts von zeitweiligen Überkapazitäten der deutschen Stahlindustrie nicht gebaut worden.
Diese Situation begünstigte die Konzentration im Stahlbereich. HOESCH fusionierte 1992 mit der Friedrich Krupp AG zur Friedrich Krupp AG Hoesch-Krupp. Das HOESCH sich in eine schwierige Lage manövriert hatte kann man nicht nur rückblickend daran erkennen, dass der Konzern sich kurz nach dem Scheitern des Bündnisses mit Hoogovens nicht freiwillig in diese Ehe begab: Krupp vollzog mit HOESCH die erste große feindliche Übernahme in der deutschen Wirtschaftsgeschichte.
Während wenige Monate später noch das Rheinhausener Stammwerk der Krupp-Dynastie zugunsten der HOESCH-Standorte geschlossen wurde, kündigt sich der Niedergang vom Stahl in Dortmund immer deutlicher an.
Entscheidung gegen Dortmund: HOESCH kommt mit Krupp zu ThyssenKrupp
Krupp und Thyssen schielten auf eine Konzentration an den rheinnahen Duisburger Standorten um Transportkosten für die mittlerweile nur noch über den Rhein zu importierenden Rohstoffe einsparen zu können. Freundliche und feindliche Übernahmen scheiterten zunächst, führten 1997 jedoch zur Zusammenlegung der Stahlbereiche und resultierten wenig später in der Gesamtfusion zur ThyssenKrupp AG.
Der Standort “Phoenix” (die ehem. Hermannshütte) in Dortmund wurde bereits ein Jahr später stillgelegt. Als die Westfalenhütte 2001 folgte, war dies das Ende der Roheisen- und Stahlproduktion in Dortmund. Mit der Westfalenhütte ging auch die erst 1992 erbaute Kokerei Kaiserstuhl (DSK) zunächst in Rente. Wo kein Hochofen mehr betrieben werden musste, brauchte man auch keinen Koks mehr – so dachte man jedenfalls damals, ohne zu ahnen, dass die Kokspreise wenige Jahre später explodieren würden.
Sowohl das Phoenix Stahlwerk (“Ost”), als auch die Kokerei Kaiserstuhl und weite Teile der Westfalenhütte wurden in einer beispiellosen Aktion an ein chinesisches Konsortium nach Shagang verkauft und in Dortmund ab- und in China wieder aufgebaut. Es war der größte Umzug der Geschichte und er hinterließ die größte industrielle Brachfläche der Welt.
Die Nachnutzung der mittlerweile größtenteils frei stehenden Fläche von 4×5 Kilometern steckt noch in den Kinderschuhen. ThyssenKrupp betreibt auf dem Traditionsstandort heute noch ein modernes Oberflächenzentrum.