Forges de Clabecq: Die Letzten Ihrer Art

Forges de Clabecq Hüttenwerk Tubize

Die „Forges de Clabecq“ (Schmieden von Clabecq), waren ein Hüttenwerk in der belgischen Stadt Tubize. Es wurde 1850 gegründet und entwickelte sich zu einem zentralen Industriekomplex in der Region Wallonien. Gegründet von Gustave Boël, begann das Werk mit der Herstellung von Schmiedeeisen und wuchs in den folgenden Jahrzehnten durch technologische Innovationen und Expansion zu einem führenden Stahlproduzenten in Westeuropa.

Meilensteine und Ausbau des Werkes

In den frühen Jahren spezialisierte sich das Werk auf die Produktion von Schienen und Rohren, die mit der Expansion der Eisenbahn stark nachgefragt wurden. Im späten 19. Jahrhundert erweiterte Forges de Clabecq seine Kapazitäten mit dem Bau neuer Hochöfen und Walzwerke, die die Verarbeitung von Roheisen und Stahl optimierten. Die Einführung moderner Produktionsverfahren wie des Siemens-Martin-Verfahrens in den 1930er-Jahren stärkte die Position des Werks auf dem internationalen Markt.

Während des 20. Jahrhunderts diversifizierte sich das Unternehmen, insbesondere in den Bereichen Flachstahl- und Blechexport. Nach dem Zweiten Weltkrieg spielte das Hüttenwerk eine Schlüsselrolle beim Wiederaufbau der belgischen Industrie.

Niedergang und Schließung 1997

Die Stahlindustrie geriet in den 1970er-Jahren weltweit in eine Krise, die auch die Forges de Clabecq schwer traf. Sinkende Nachfrage, internationale Konkurrenz und steigende Produktionskosten führten zu einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Trotz Bemühungen, das Werk durch Modernisierungen und Kostensenkungen konkurrenzfähig zu halten, konnte die Krise nicht überwunden werden.

1996 wurde das Unternehmen zahlungsunfähig. Nach monatelangen Protesten der Belegschaft und gescheiterten Übernahmeverhandlungen musste das Werk schließlich 1997 geschlossen werden. Mehr als 2.000 Beschäftigte verloren ihre Arbeit, und die Schließung markierte das Ende einer Ära für die Region. Die kleine Stadt Tubize erlebte Massendemonstrationen ungeahnten Ausmaßes, während sich die Wut über ausstehende Löhne und die Schließung des Betriebs auch in Sachbeschädigung bei den verantwortlichen Banken und u. a. der Besetzung der Polizeistation entlud.

Ein letztes Aufflackern der Stahlproduktion

Im Jahr 1998 übernahm der Schweizer Stahlhandelskonzern Duferco den stahlverarbeitenden Teil des Werkes. Der Betrieb wurde nach sechsmonatigem Stillstand unter eidgenössischer Regie wieder aufgenommen. Duferco entwickelte hier ein Modell, dass es auch in La Louviere und Charleroi noch zu seinem Vorteil wiederholen würde. Als weißer Ritter übernimmt es sehr günstig in Schwierigkeiten geratene, veraltete Werke und versucht mit großzügigen Übernahmeverträgen und staatlicher Hilfe aus den Resten ein profitables Geschäft zu machen.

Das Ende der “Heißen Phase” ließ sich so aber nur noch hinauszögern. Die sehr alten Hochöfen 1+2 waren mit ihrer Tagesleistung von unter 1.000 Tonnen bereits nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Der auch nur im direkten Vergleich noch junge Hochofen 6 aus den frühen 1970er Jahren gelangte mit seiner ebenfalls nicht üppigen Produktion von 3.500 Tonnen im Jahr 2001 an das Ende seiner “Ofenreise”. Zum Verhängnis wurde Clabecq, dass der zuvor unter den Alteigentümern auch kaum noch wettbewerbsfähige neue Duferco-Standort in Charleroi günstiger produzieren konnte.

Duferco legt Forges de Clabecq still

Duferco legte neben den Hochöfen auch das Stahlwerk in Clabecq still. Lediglich das Walzwerk arbeitete weiter und wurde nach 2001 u. a. aus dem von Usinor übernommenen Carsid-Hüttenwerk in Charleroi beliefert.

Die Hochöfen der Forges de Clabecq schliefen seitdem einen trügerischen Dornröschenschlaf. Die beiden älteren, rund 100 Jahre alten Hochöfen 1 und 2, gehörten zu den letzten ihrer Art in Europa. Die charakteristischen Hochofengerüste standen einst mit weiteren Hochöfen mit Kübelbegichtung entlang der noch erhaltenen Gießhalle in Reihe. Im Laufe der Jahrzehnte machten die anderen Öfen ihrem jüngeren Nachfolger und anderen Aggregaten Platz. Ähnlich sah die Anlage Hüttenwerk Usines Gustave Boël in La Louviere einige Jahre zuvor noch aus. Doch auch diese Öfen sind bereits Geschichte.

Die Tage der Hochofenanlage in Clabecq waren zu Beginn der 2000er Jahre ebenfalls gezählt: Denkmalschutz bestand nicht und alle Beteiligten haben sich im Jahr 2006 darauf geeinigt das Gelände zu sanieren und für eine Nachnutzung durch Wohnen und Gewerbe nutzbar zu machen. Im Jahr 2013 steht von der Anlage hauptsächlich noch Hochofen 2. Er soll nun doch erhalten werden. Die ehemaligen Mitarbeiter der Forges de Clabecq in Tubize warten zum Teil seit bald zwei Jahrzehnten auf Abfindungszahlungen nach der Stilllegung ihres Werks und klagen vor Gericht.

Einen genaueren Abriss auch zur Geschichte von Duferco gibt es auf der Seite zu Carsid in Chaerleroi – in seiner letzten Lebensphase ebenfalls ein Duferco-Unternehmen.