Der Transrapid auf der Teststrecke: Ein (fast) zerbrochener Traum und ein folgenschwerer Unfall
Anfänge und Gründerzeit
Der Transrapid ist vielleicht eines der bekanntesten deutschen Projekte zur Entwicklung einer neuen Bahntechnologie. Wenn man den betriebenen technischen Aufwand und die ausdauernde Entwicklungsleistung der Kooperation von Staat und Privatwirtschaft betrachtet, wirkt das Vorhaben heute wie aus einer anderen Zeit. Bemerkenswert ist, dass es insbesondere zwischen den 60er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts neben dem Transrapid allein im Bahnsektor noch einige andere Projekte zur Weiterentwicklung des Schienenverkehrs gab, darunter z. B. die M-Bahn (ebenfalls eine Magnetbahn) in Braunschweig und Berlin sowie das Hagener Cabinentaxi. Derart umtriebige Aktivitäten im damaligen Maßstab sind heute völlig unbekannt. Die 1985 mit dem Transrapid 06 in Betrieb genommene und Anfang 2012 stillgelegte Transrapid-Versuchsanlage Emsland, war die modernste und größte Teststrecke für Magnetschwebebahnen weltweit.
Vom Erfinder Hermann Kemper und seinen Erben
In den Grundprinzipien seit 1922 von Hermann Kemper entwickelt und 1934 beim damaligen Reichspatentamt als „Schwebebahn mit räderlosen Fahrzeugen, die an eisernen Fahrschienen mittels magnetischer Felder schwebend entlang geführt wird“ eingetragen, erfährt das Konzept der Magnetschwebebahn bis heute weltweit erstaunliche Entwicklungsaktivitäten. Erstaunlich in zweierlei Hinsicht: Der magnetisch schwebende Hochgeschwindigkeitszug (auch als Maglev, d. h. nach dem Antriebsprinzip im Englischen „Magnetic Levitation“ bezeichnet) kann einerseits nach technischen Gesichtspunkten auch fast 100 Jahre nach Beginn seiner Entwicklung noch beeindrucken. Andererseits ist es weltweit bis heute erstaunlich herausfordernd, aus dem technisch attraktiven und längst gereiften Konzept auch eine am Markt erfolgreiche Verkehrslösung zu machen. Der Transrapid fährt heute nur auf einer kurzen Prestige-Strecke in China.
Nach dem Aus des Zuges in Deutschland verloren die Chinesen das Vertrauen in das deutsche Produkt – nicht jedoch in die Technologie. Die Verlängerung der existierenden Strecke wurde verworfen und stattdessen die eigene Entwicklung verschiedener Maglev-Varianten vorangetrieben – bis heute technisch eng verwandt mit dem Transrapid-System. In Japan wird derzeit die erste kommerzielle Stecke einer Magnetschwebebahn größeren Ausmaßes gebaut. Der letzte in Deutschland gebaute Transrapid steht heute als Konferenzzentrum vor einer Wurstfabrik der Erfinderfamilie. Wie konnte es dazu kommen?
1972 erhielt Hermann Kemper für seine Entwicklung das Bundesverdienstkreuz (immerhin fast 40 Jahre nach Anmeldung seines Patents und heute schon über 50 Jahre in der Vergangenheit). In den späten 60er und frühen 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden erste Magnetschwebebahnen kleineren Maßstabs von MBB und Krauss-Maffei entwickelt. Im Laufe der Entwicklungsgeschichte stießen weitere Partner zur Entwicklung der Magnetschwebebahn hinzu. Hierzu zählten u. a. mit AEG-Telefunken, Brown, Boveri & Cie., Dornier, Siemens, ThyssenKrupp, EADS und Max Bögl das Who-is-Who der Hochtechnologie-Abteilung der „Deutschland AG“.
Die Rolle der Deutschen Bundesbahn
Doch der eigentlich zwangsläufige, damals einzige exklusive Kunde in Deutschland – die Deutsche (Bundes)Bahn – fremdelte über die meiste Zeit der Entwicklung mit dem Transrapid, obwohl sie zeitweilig sogar selbst Betreiber der Teststrecke im Emsland war und der Zug deshalb auch zeitweise schon in ihrem Corporate Design fuhr. Die internationale Vermarktung des deutschen Maglev gestaltete sich mit fortlaufender Dauer so ambitioniert wie zäh. Angesichts des heutigen Hypes um den Hyperloop scheint es fast so, dass der Transrapid trotz seiner langen Entwicklungsgeschichte etwas zu früh das Licht der Welt erblickt hatte.
Sicherlich wurde die kommerzielle Umsetzung des Transrapids vor allem durch technische und ökonomische Entwicklungen im Flugverkehr sowie im Bereich konventioneller Hochgeschwindigkeitszüge wirtschaftlich auch immer wieder erheblich angegriffen und in Frage gestellt. Neue Technologien sind am Anfang teuer und die Vorteile des Transrapid schmolzen durch Innovationen in der Rad-Schiene-Technik sowie die Verbilligung des Luftverkehrs zeitweise wieder etwas zusammen. So machte auch die konventionelle Schienentechnik durch den ICE auf der ursprünglich geplanten Transrapidstrecke Hamburg-Berlin erhebliche Fortschritte bei den Reisezeiten. Preis-/Leistungsvorteile waren ohne strategischen oder politischen Durch-/Umsetzungswillen nicht so leicht in der Praxis darzustellen wie am Anfang erhofft. Doch es ist leicht einzusehen, dass diese Effekte nicht von Dauer bleiben werden. Langfristig sprechen die ökologischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten sehr wahrscheinlich dennoch für die Magnetschwebetechnik – wenn auch vielleicht in weiterentwickelter Form.
Keiner mag die Magnetschwebetechnik in Deutschland
Die Verteuerung des Flugverkehrs oder gar ein politisch immer wieder gefordertes Verbot von Inlandsflügen in Europa, die Grenzen der praktikablen Höchstgeschwindigkeiten beim konventionellen Zugverkehr und die in der Praxis letztendlich doch nicht vorhandenen Kostenvorteile der Rad-Schiene-Technik, sprechen weiterhin für eine neue, nicht an Rad/Schiene gebundene Hochgeschwindigkeits-Technologie im Bahnverkehr. Magnetschwebetechnik kann immer noch zum Glasfaser der Bahntechnik werden. Denken wir nur an den Hyperloop oder – noch weitaus konkreter – den japanischen Chuo Shinkansen von JR-Maglev.
Während der Transrapid in Deutschland durch eine historisch häufig unsaubere und unrichtige Berichterstattung mehr und mehr zum technologischen Irrweg verklärt wird, gewannen deutsche Studenten mehrmals Hyperloop Konzept-Wettbewerbe in den USA. In Japan investierte die Industrie 70 Milliarden Euro in den Bau von Magnetschwebebahn-Strecken. Auch der Transrapid fährt heute immerhin in China kommerziell und diente vor allem als Vorbild für weitere chinesische Magnetschwebebahnen. Die stets ins Feld geführte Unzufriedenheit und Unwirtschaftlichkeit der kurzen chinesischen Strecke darf getrost als selbsterfüllende Prophezeiung gewertet werden. Ohne die Absage der Strecken in Deutschland wäre es wohl auch in China auf längeren Strecken weitergegangen. Die von ThyssenKrupp gebauten Züge befahren seit 2004 eine nur gut 30km kurze, von Max Bögl erbaute Strecke zwischen Shanghai und dem Flughafen Pudong. Das entspricht in etwa der Länge der Versuchsanlage im Emsland (31,5km) und war so natürlich nie wirtschaftlich nicht sinnvoll zu betreiben. Die Strecke ist auch eher als Produkt der damals besonders guten deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen und der Ambitionen des Riesenreiches sich als neue, hoch entwickelte Großmacht in der Welt zu präsentieren zu verstehen.
Von Megaprojekten zu kurzen Demonstrationsstrecken
Ursprünglich gab es gar Pläne den Transrapid am Ende auf der 1.300km langen Strecke zwischen Shanghai und Peking einzusetzen. Genau dafür ist der Transrapid einst konzipiert worden. Immerhin ist so die erste und bisher schnellste kommerzielle Magnetschwebebahn ihrer Art entstanden. Am 12. November 2003 erzielte der Transrapid dort im Versuchsbetrieb einen Geschwindigkeitsrekord von 501 km/h. Mit dem „SwissRapide Express“ gibt es immer noch (theoretische) Transrapid-Aktivitäten in Europa für die Strecken Bern-Zürich, Genf-Lausanne, Zürich-Winterthur. Sehr fraglich ist freilich, wer diese Züge dann überhaupt bauen sollte und letzte Meldungen stammen aus dem Jahr 2021. Der hauptsächlich für seine Hüttenwerke bekannte Konzern ThyssenKrupp hat sein Transrapid-Werk in Kassel längst geschlossen. Einige findige Ingenieure bauen heute allerdings Aufzüge mit Transrapidtechnik und so ist das KnowHow konserviert.
Ausserhalb kundiger Kreise gerät der Transrapid zusehends in Vergessenheit. Bei der Recherche zu diesem Artikel kam es am Transrapid 06 auf dem Außengelände des Deutschen Museums in Bonn zu denkwürdigen Begegnungen. Wer sich nicht die Mühe macht die Schilder der Ausstellung zu lesen, gibt seinen fragenden Kindern schnell falsche Antworten. Und so begab sich folgender kurzer Dialog: „Papa, was ist das für ein Jet?“. Der Vater antwortete: „Das ist kein Flugzeug! Das ist eine Lokomotive vom Münchener Flughafen!“.
Es war der Moment, der dazu geführt hat, dass diese Abhandlung über den Transrapid eine besonders ausführliche werden sollte. Zu viele Menschen, Enthusiasten, Ingenieure und Überzeugungstäter haben ihr Herzblut, viel Schweiß und wohl auch einige Tränen für dieses Wunderwerk der Technik gegeben. Sogar Menschen sind gestorben. Das alles soll nicht in Vergessenheit geraten und diese Seite soll daran erinnern. Und sie soll nicht nur erinnern. Denn die Frage ist: Was ist eigentlich schief gelaufen und wie kann es weiter gehen?
Die Technik hinter dem Transrapid und der Magnetschwebebahn
So faszinierend der Anblick eines schwebenden Zuges ist, so einfach wie genial ist am Ende die dahinterstehende Idee. Sie nutzt das Phänomen, dass sich zwei gleichpolige Magneten abstoßen. Umgesetzt ist dieses Prinzip im heute verbreiteten Rotationsmotor. Rollt man ihn auf, liegt er anschließend da wie ein Linearmotor. Tatsächlich wurde letzterer 1854 von Charles Grafton Page schon vor dem Rotationsmotor zum Patent angemeldet und war bereits als Antrieb für Lokomotiven gedacht.
Verbaut als Antrieb im Fahrweg einer Magnetschwebebahn, wird der Linearmotor als „Langstator“ bezeichnet. Beim modernen Transrapid ist der Stator (= der unbewegliche Teil eines Motors) im Fahrweg verbaut. Wird dieser Teil hingegen im Fahrzeug verbaut, bezeichnet man ihn als Kurzstator. Im Transrapid (ab der Baureihe TR05) ist der Läufer des Motors im Fahrzeug verbaut und wird durch die Magnetkräfte berührungsfrei über den Stator in die jeweilige Fahrtrichtung gezogen – simpel und doch genial.
Die Wahl des Langstator-Prinzips ist logisch: Die notwendige Energie erst in das Fahrzeug zu übertragen, macht die Angelegenheit bei einem berührungslosen Hochgeschwindigkeitszug unnötig kompliziert und erfordert schwergewichtige Elektronik. Im Fahrweg sind Stromzuführung und das Gewicht hingegen kaum ein Problem. Allerdings – und das sollte dem Transrapid später bei allen Vergleichen von Streckenerrichtungskosten noch zum Verhängnis werden – lässt das den Fahrweg natürlich teurer aussehen. Auch die erste Umsetzung dieser Lösung im großen Stil – die Transrapid Versuchsanlage Emsland – hatte so einen weiten Weg vor sich.
Bescheidene Anfänge nach dem Krieg
Nach dem zweiten Weltkrieg gestaltete sich die Umsetzung von Hermann Kempers Plänen einer Magnetschwebebahn zunächst schwierig. Der Wiederaufbau in Deutschland ließ wenig Raum für die Umsetzung neuer technologischer Träume. Erst 1966 sollte ihm schließlich der Zufall zur Hilfe kommen: Anlässlich einer Kur traf er im Kneippbecken in Bad Wörishofen ausgerechnet Ludwig Bölkow von Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) und konnte ihn für die Umsetzung seiner Magnetbahn-Idee gewinnen. Kemper arbeitete bei der Realisierung erster Fahrzeuge noch aktiv mit. Der spätere Projekt-Namensgeber Transrapid 01 wurde 1969 von Krauss-Maffei in Konkurrenz noch nach dem Kurzstator-Prinzip umgesetzt. Man arbeitete nicht zusammen aber tauschte sich aus und nannte diese Kooperation „Kontakt ohne Kontrakt“.
Auch Transrapid 02, 03 und 04 setzten noch auf die Kurzstator-Variante. Mit dem Transrapid 02 fuhr man das erste Mal auch über eine Kurve. Im Gegensatz zur heute bekannten Transrapid-Streckenform, besaßen die damaligen Strecken noch eine vertikale Führungsschiene zur Energieversorgung des Kurzstator-Linearmotors über Schleifkontakte. Einer vom Prinzip her „berührungslosen“ Schwebebahn stand dieses Konzept noch nicht besonders gut zu Gesicht und die stromübertragende Führungsschiene war ein Problem.
Kuriose Ausflüge zu Luftkissen und Raketen
Der Transrapid 03 setzte auf Luftkissentechnik. Es war noch eine sehr experimentelle Phase und es herrschte ein Konkurrenzkampf der Ideen, Systeme und Konsortien – auch international. Die noch junge Luftkissentechnik erfreute sich damals großer Beliebtheit und durch die Luftfahrt beeinflusste Ingenieure versuchten sog. „Tracked Hovercrafts“, also Luftkissen-Hochgeschwindigkeitszüge zu bauen. Der britische Hovertrain, der französische Aerotrain und das amerikanische Tracked Air Cushon Vehicle (entwickelt von Rohr Industries und inspiriert, teils lizensiert vom französischen Aerotrain) waren einige Vertreter dieser Gattung und für Geschwindigkeiten über 400km/h gut.
Das Luftkissen-Prinzip verfolgte ähnliche Ziele wie der spätere Transrapid: Den Reibungswiderstand senken um schneller zu fahren. Allein die Eignung für einen kommerziellen Regelbetrieb war mit dieser Technik nicht so recht nachweisbar. Auch der Areotrain wurde deshalb später mit Magnetschwebetechnik ausgerüstet. Beauftragt zur Entwicklung einer „Hochleistungs-Schnellbahn“ hatte der damalige Bundesverkehrsminister 1969 offiziell noch die Firmen Bölkow KG, Strabag und die Deutsche Bundesbahn. Später sollte die Konkurrenz von Krauss-Maffei dazu stoßen.
MBB steigt ein
1971 stellte Messerschmidt-Bölkow-Blohm ein Versuchsfahrzeug auf seiner Münchener Teststrecke vor. Diese Strecken waren alle noch relativ kurz. Eine Teststrecke in Erlangen bot einen knappen Kilometer Länge. Die frühen Prototypen erreichten auf diesen Strecken nur Maximalgeschwindigkeiten zwischen 90 (MBB-Versuchsfahrzeug) und 164km/h (TR02). Es wurden zunächst parallel Hochgeschwindigkeitslösungen für die Langstrecke und langsamere für den Regionalverkehr verfolgt. Ressourcen und vor allem die Teststrecken stießen an Grenzen. Langsam wurden seitens der Industrie vorsichtige Forderungen an die Politik geäußert die Errichtung einer größeren Teststrecke zu unterstützen.
Der Transrapid 04 erreichte 1973 auf einer 2,4km langen, noch unternehmenseigenen Teststrecke 253,2km/h. Die Fortschritte wurden größer, der Aufwand und die Bedenken ebenfalls. 1974 kamen dann Theorien auf, die Magnetschwebebahn würde aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten Geschwindigkeiten >400km/h gar nicht erreichen können.
Seitdem wurden in Japan bereits über 600km/h erreicht, während der Hyperloop heute gar schon auf Überschallgeschwindigkeit schielt. So erinnern solche Theorien natürlich längst nur noch an die Vorstellungen platzender Körper bei Reisegeschwindigkeiten der frühen dampfbetriebenen Eisenbahn. 1975 starteten die TU Braunschweig und Thyssen-Henschel Aktivitäten im Bereich der Entwicklung des Langstator-Antriebs und das Bundesministerium für Forschung und Technologie wurde zuständig für das Transrapid-Programm.
Kooperation mit Krauss-Maffei statt Konkurrenz
Die Angelegenheit des neuen Schnellverkehrssystems der Zukunft war längst eine hochpolitische. Die konkurrierenden Konzerne MBB und Krauss-Maffei schlossen sich nach entsprechenden Wünschen des Bundesministeriums für Forschung und Technologie zum Transrapid-Konsortium zusammen und brachte Ressourcen und Versuchsfahrzeuge in die TRANSRAPID-E.M.S. (Gesellschaft für elektromagnetische Schnellverkehrssysteme) ein. Das Ziel war fortan sich gemeinsam auf Hochgeschwindigkeitsbahnen zu konzentrieren. Bei den langsameren Nahverkehrslösungen sah man kurz- bis mittelfristig keine Chancen konventionelle Bahntechnik sinnvoll zu ersetzen.
Während die Erkenntnis der bis auf weiteres fehlenden Sinnhaftigkeit der Priorisierung einer Nahverkehrsmagnetbahn bei den Entwicklern bereits in den 1970er Jahren vorlag, ignorierte die Politik sie noch in den 2000er Jahren und gab sich in München und an Rhein und Ruhr der fixen Idee hin, aus dem bewussten Konzept des Hochgeschwindigkeits-Langstreckenzug Transrapid eine S-Bahn auf Steroiden machen. Zunächst musste für die angestrebte Hochgeschwindigkeitslösung natürlich der Nachweis erbracht werden, dass die Theorien die die Erreichbarkeit hoher Höchstgeschwindigkeiten anzweifelten falsch waren. Weil die vorhandenen Strecken hierfür auf konventionellem Wege weiterhin zu kurz waren, beschleunigte man kurzerhand mit Unterstützung eines Raketenantriebs den Versuchszug „Komet“ auf einer existierenden Strecke rasant auf über 400km/h.
Wurzeln des modernen deutschen Maglev
Da der per Raketenantrieb katapultierte Zug sich anschließend magnetisch mit der erhofften Geschwindigkeit weiter bewegen konnte, galten die kritischen Theorien als widerlegt. TU-Braunschweig und Thyssen begannen folgerichtig den Langstator zu testen. Die Anfänge waren ermutigend, wirken aber rückblickend in Sachen Geschwindigkeit noch bescheiden: Erste Versuchsträger erreichten 36km/h auf einer nur 100m langen Versuchsstrecke in Kassel. Dennoch war dieser Systemwechsel für die kommerzielle Nutzung unumgänglich und stellte die Weichen für den Transrapid wie wir ihn heute kennen. Neben technischen Nachteilen, wäre es mit dem Kurzstator-Antrieb z. B. wahrscheinlich problematisch gewesen Herzschrittmacher-Patienten oder magnetische Datenträger in der starken Feldern ausgesetzten Magnetschwebebahn zu transportieren.
Mit dem Transrapid 05 fing die Weiterentwicklung zum kommerziell einsetzbaren System
und der Schritt zur Transrapid Versuchsanlage Emsland (TVE) an
Der per Langstator angetriebene Transrapid 05 hatte mit 68 Sitzplätzen und 31 Tonnen Gewicht nur eine Höchstgeschwindigkeit von 75km/h vorzuweisen. Jedoch war er ein wichtiger Technologie-Demonstrator und Meilenstein für die weiteren Schritte in der Entwicklung der Hochgeschwindigkeits-Magnetschwebebahn. Im Auftrag des Bundesministeriums errichtete das Transrapid-Konsortium eine 900 Meter lange Demonstrationsstrecke auf der IVA ’79, der Internationalen Verkehrsausstellung im Hamburg. Der TR05 beförderte auf dieser Strecke 50.000 Besucher der Ausstellung. Zum „Konsortium-Magnetbahn-Transrapid“ (KMT) gehörten mittlerweile AEG-Telefunken, BBC, DYWIDAG, Kraus-Maffei, MBB, Siemens und Thyssen-Henschel.
Die Teststrecke im Emsland wird gebaut
Für die weitere Entwicklung waren die unternehmensinternen Teststrecken nun eindeutig zu klein. Seit 1971 trieb die Politik die Errichtung einer Versuchsstrecke für konventionelle und alternative Bahn-Technologien zwischen dem bayerischen Donauried und Grundremmingen voran. Doch die Umweltbewegung begann zu wachsen und so mochte die Bevölkerung den Eingriff in die Natur dort nicht hinnehmen. Nachdem eine Errichtung der Teststrecke in Bayern bis 1978 so aussichtslos blieb, begannen im Folgejahr die Aktivitäten zur Errichtung einer Magnetschwebebahn-Versuchsanlage im Emsland. Schon 1980 erfolgte der erste Spatenstich, im weiteren Sinne quasi noch im Vorgarten Hermann Kempers (denn seine Heimat Nortrup ist nicht sehr weit entfernt).
Da die Technologiekonzerne keine Erfahrung im wirtschaftlichen Betrieb eines Transportmittels hatten, wurde 1982 die Versuchs- und Planungsgesellschaft für Magnetbahnsysteme (MVP) gegründet. Ihr gehörten Lufthansa, Deutsche Bundesbahn und die ebenfalls bundeseigene IABG (Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft) an. Sie sollten die Bahn aus Kundensicht testen und weiterentwickeln. Zu diesem Zweck übernahm die MVP 1985 die Transrapid Versuchsanlage Emsland als Betreiber.
Fliegen auf Höhe null im Emsland
Der TR06 wurde 1983 fertiggestellt und konnte als erster Transrapid ab 1984 auf dem ersten Teilabschnitt der TVE eingesetzt werden. 1987 wurde die Versuchsstrecke in ihrer späteren Form fertiggestellt und für die Weiterentwicklung des TR06 genutzt. 1985 noch knapp über 300km/h schnell, erreichte man 1987 bereits über 400km/h und stellte 1988 mit 412,5km/h einen Weltrekord auf. 1988 wurde dann der Transrapid 07 auf der IVA ´88 präsentiert und bis 1991 auf der neuen Versuchsanlage derart gründlich erprobt, überprüft und begutachtet, dass er bereits Anfang der 1990er Jahre als erste Magnetschwebebahn der Welt für offiziell kommerziell einsatzbereit erklärt wurde.
Der TR07 erreichte 1989 auf Anhieb 436km/h. Seit 1999 fuhr der TR08 auf der TVE – bis zu einem folgenschweren Unfall im Jahr 2006. Insgesamt transportierten Transrapids rund eine halbe Million Besucher auf der Teststrecke im Emsland und legten weit über eine Million Kilometer auf der Strecke zurück. Aus der Versuchsanlage wurde zeitweise eine stark frequentierte Touristen-Attraktion.
Technik vom Feinsten
Den geringen benötigten Betriebsstrom für die Verbraucher (z. B. Heizung und Klimaanlage) an Bord des Zuges, nimmt der Transrapid mit Spulen berührungslos von der Strecke auf. Bei 25cm Bodenfreiheit stellen Schnee und kleinere Hindernisse auf der Strecke kein Problem dar. Akkumulatoren an Bord speichern genügend Energie, um den Magnetschwebezug und seine Passagiere auch bei einem Stromausfall sicher zur nächsten Station zu bringen. Eine Kollision mit entgegenkommenden Zügen ist ausgeschlossen, da der magnetische Antrieb immer nur in eine Richtung funktioniert. Ein Auffahren wird durch lediglich sektorweise Stromversorgung unterbunden. Es sind immer nur zwei Sektoren hintereinander aktiv um den Übergang zu gewährleisten.
Die Führung sich entgegenkommender Strecken erfolgt in der Praxis sehr nah. Aus diesem Grund ist der Innenraum des Transrapid zum Schutz der Passagiere druckdicht ausgeführt. Entsprechende Druckbelastungen sind so minimiert und man hört lediglich einen gewissen „Knall“ bei der Vorbeifahrt eines entgegenkommenden Zuges. Bei einer Notbremsung und einem Systemausfall oder im stromlosen Stillstand steht der Transrapid auf Kufen.
Die rote Heidi und das Stelzenmonster
Der Fahrweg des Transrapids ist vielen Menschen nur in seiner aufgeständerten Form bekannt. Heide Simonis (ehem. Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein) nannte ihn deshalb gar „Stelzenmonster“. Tatsächlich aber verläuft auch ein Teil der Transrapidstrecke im Emsland sehr bodennah in ca. 1,25-2,2m Höhe. Während diese Variante Kostenvorteile hat, bietet die aufgeständerte Version (vorgesehen bis zu 20m Höhe) allerdings abseits diffuser Abneigungen erhebliche Vorteile in der Nutzung der darunter liegenden Fläche. Die aufgeständerte Strecke zerschneidet die Landschaft nicht, benötigt keine Bahnübergänge und es können keine Menschen oder Fahrzeuge auf die Strecke gelangen. Der Flächenverbrauch sinkt auf einen Bruchteil der Rad-Schiene-Technik.
Auch das Überqueren von Hindernissen, anderen Verkehrswegen, Gewässern und Bodenunebenheiten ist so deutlich einfacher, zumal der Transrapid deutlich stärkere Steigungen befahren kann als herkömmliche Zugtechnik (ca. 10% statt lediglich ca. 3-4% bei konventionellen Hochgeschwindigkeitszügen) und so den einen oder anderen teuren Tunnel ersparen kann. Die Anfälligkeit für Vereisung und Verschneiung ist gering. Nicht nur die Wärme des Systems wirkt dem Vereisen entgegen, auch Wind und vorbeifahrende Züge werden Schnee in dieser Höhe immer wieder verwehen. Da der Transrapid seinen Fahrweg quasi umgreift, ist auch ein Entgleisen im Prinzip unmöglich.
Technische Daten des Transrapid (TR08, Stand 2006):
Länge Endsektion: 25,5 – 27,0m
Länge Mittelsektion: 24,8m
Breite: 3,7m
Höhe: 4,2m
Betriebliche Höchstgschwindigkeit: 500km/h
Leergewicht: 53 t
Sitzplätze Endsektion: max. 92
Sitzplätze Mittelsektion(en): max. 126
Der kommerzielle Erfolg des Transrapid blieb überschaubar.
Doch die Magnetschwebebahn setzt sich durch – China hat sie, Japan baut sie!
Die Transrapid Versuchsanlage Emsland (TVE) war eine wichtige Voraussetzung um den Transrapid zur kommerziellen Einsatzreife zu entwickeln. Bereits 1991 war sie auch erreicht. Doch warum blieb der kommerzielle Erfolg bis heute über Jahrzehnte aus? Noch Anfang des Jahrtausends wurden neben den Plänen zur Realisierung der chinesischen Strecke auch die Errichtung von Strecken in den USA, in Fernost, im nahen Osten, natürlich in Deutschland und anderen europäischen Ländern verfolgt.
Exportschlager ohne Erfolg im In- und Ausland
So sollte eine Strecke Washington – Baltimore eine gemeinsame Ausrichtung der Olympischen Spiele 2012 in den 60km voneinander entfernten Städte ermöglichen – die Spiele wurden jedoch nach London vergeben. Interessanterweise war auch dort eine 800km lange Strecke nach Glasgow unter dem Label „Ultraspeed“ im Gespräch. In Deutschland wurden zahlreiche mittlere und lange Strecken verfolgt.
Lange Zeit galt die Strecke Hamburg-Berlin als gesetzt. Zu Beginn des neuen Jahrtausends blieben nur noch die Strecken München Hauptbahnhof – München Flughafen sowie eine Verbindung der Ruhrgebiets-Großstädte beginnend in Dortmund über die NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf und (optional später) Köln bis zum Flughafen Köln-Bonn im Gespräch. Mehr noch: Sie stand sogar im schwarz-roten Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgeschrieben und es wurde eigens ein Gesetz für Magnetschwebebahnen erlassen.
Aus dem Langstreckenverkehrsmittel eine High-Tech-S-Bahn machen?
Bei der letzten angestrebten Strecke handelte es sich jedoch mit 40km Kürze um Regionalverkehr, also genau die Bahnsparte, die die beteiligten Konzerne gemeinsam mit dem BMFT schon Mitte der 1970ern ausdrücklich nicht als Zielmarkt für den Transrapid angestrebt hatten. Wenn dieses Vorhaben zu etwas besonders geeignet war, dann den Transrapid besonders unwirtschaftlich erscheinen zu lassen. Ein hochgezüchtetes, auf Hochgeschwindigkeit und weite Entfernungen ausgelegtes System als S-Bahn umzufunktionieren, wie sollte das sinnvoll und wirtschaftlich sein?
Es muss wohl die pure wirtschaftspolitische Verzweiflung gewesen sein, wenigstens eine solche Strecke – sei sie auch noch so fragwürdig – als Referenzstrecke für die weitere internationale Vermarktung doch noch realisieren zu können. Es sah zunächst sogar aussichtsreich aus. Wo, wenn nicht im CSU-Land sollte so ein Projekt „von oben“ gewollt durchgebracht werden? Doch im 21. Jahrhundert funktionieren solche Projekte auch in Bayern nicht mehr ohne Widerstand. Schnell schwang sich eine Gegenbewegung auf. Die hatte angesichts der objektiven Fakten leichtes Spiel die öffentliche Meinung gegen den Trapsrapid zu beeinflussen.
10 Minuten und alles wieder auf Anfang
Bei aller Technikfaszination mutete es bei einer Betrachtung der deutschen Verkehrsverhältnisse ja auch schnell absurd an: Milliardeninvestitionen in eine Transrapidstrecke vom Flughafen zum Bahnhof München stecken, nur um für viel Geld ein paar wenige Minuten zu sparen? Und von dort aus fahren Passagiere dann womöglich mit Bummelzügen der 1960er Jahre auf Schienen der 1860er Jahre im Schneckentempo weiter an ihr Ziel? Der bis heute bei der Bahn spürbare Infrastruktur-Investitionsstau ließ den Sprung zum Transrapid nicht etwa als verlockende Verbesserung, sondern als absurdes goldenes Schleifchen um einen sonst vernachlässigten und leistungsschwachen Bahnverkehr erscheinen.
Die einst geplante Transrapid Strecke Hamburg – Berlin bedeutete mit der Bahn noch bis in die 1980er Jahre hinein eine Reisezeit von sechs Stunden (für rund 300km). Der Aufbau Ost, hohe Arbeitslosigkeit und andere Effekte überließen weite Teile westdeutscher Infrastruktur sich selbst. Büßen musste hierfür das Werk fleissiger Ingenieure: Der Transrapid. Medial bekam der Zug eine Zielscheibe aufgemalt. Man wollte, dass mit dem Geld priorisiert die konventionelle Bahn pünktlich und fit gemacht wird. Und bezogen auf die absurd kurzen Transrapidstrecken war diese Sichtweise grundsätzlich wahrscheinlich ja sogar auch richtig. Tatsächlich hat man aber weder in München, noch an Rhein und Ruhr die angeblich viel günstigeren Lösungen dann statt des Transrapids umgesetzt. Der Kampf gegen den Transrapid hat also niemand wirklich gewonnen.
Auch Metrorapid glücklos
Auf der für Anfang des Jahrtausends ursprünglich angestrebten NRW-Strecke sollten 48 Millionen Fahrgäste jährlich transportiert werden – rechtzeitig zur WM im eigenen Land. Obwohl an den sog. „Metrorapid“ gebundene Finanzmittel aus dem Zukunftsfonds in Aussicht gestellt wurden und die Strecke gegenüber München eine Weile im Vorteil war, kam es anders. Der Transrapid wurde sein medial befeuertes Negativ-Image nicht mehr los. So war Bundeskanzler Kohl schon 1988 mit einem Transrapid-Plan an Rhein und Ruhr angereist: Eine Strecke vom Ruhrgebiet bis nach Paris schwebte ihm vor und sollte Teil eines Pakets zur Belebung der unter dem Aderlass in der Montanindustrie darbenden Region sein. Es blieb eine reine Luftnummer: Der Bundeshaushalt gab Investitionen dieser Höhe nicht mehr her. Schon diese Idee gewöhnte scheinbar daran: Transrapidprojekte werden hochtrabend ins Spiel gebracht, ein bisschen geträumt und dann nie umgesetzt.
Das Vorgehen rund um die bekannten Projekte brachte dem Transrapid über die Jahre und Jahrzehnte ein Loser-Image ein, irgendwo zwischen Running Gag (man denke nur an die berühmt-berüchtigte 10-Minuten-Rede Edmund Stoibers zum Transrapid) und angeblich zu teurer, ungewollter Technologie ein. So stampfte auch Peer Steinbrück, bis dahin nach eigener Aussage noch überzeugter Verfechter des Transrapid, im Jahr 2003 den Metrorapid ein. Nicht weniger als der Fortbestand der rotgrünen Koalition in Düsseldorf sollte daran hängen, denn der Metrorapid hatte sich mit veranschlagten 3 Mrd. Euro Kosten zum großen Koalitionsstreit gemausert. Die Absage an den Metrorapid stellte die grünen Koalitionspartner dann auch tatsächlich zufrieden und ermöglichte die Fortsetzung der Koalition.
Deutschland kann keine Großprojekte mehr
Generell zeigt sich heute eine gegenüber technischen Großprojekten noch viel skeptischere Stimmung als damals. Statt viel Geld in eine neue Technologie zu stecken, machten sich diverse Interessengruppen und Teile der Politik für eine Optimierung der S-Bahnverbindungen an Rhein und Ruhr stark. Auch die an den Metrorapid gebundenen Mittel wurden freilich für zuvor von Kritikern gewünschte Alternativen aber im Anschluss gar nicht bereitgestellt. So hat sich am verbesserungswürdigen Nahverkehr zwischen Dortmund und Düsseldorf im Nachgang recht wenig grundlegendes geändert. Kritische Stimmen zum Metrorapid waren aus kommerzieller Sicht bei der kurzfristigen Betrachtung sicherlich nicht unberechtigt. Kurze Strecken waren und sind einfach nicht die Stärke des Transrapids. Immerhin würde er sie aufgrund seiner schnellern Beschleunigung und kürzerer Bremswege deutlich flotter bewältigen als ein ICE und praktikabler als ein Flugzeug. Sinnvoll eingesetzt ist er so dennoch genauso wenig wie die anderen Hochgeschwindigkeitsverkehrsmittel für die Fernstrecke.
Das Ende deutscher Strecke besiegelt das Ende des Transrapid
Das eine deutsche Strecke nach der anderen beerdigt wurde, schlug Wellen bis nach London, wo das Scheitern der Bemühungen um eine deutsche Strecke und die Kostendiskussionen natürlich aufmerksam verfolgt wurden. Tatsächlich war das Scheitern der zuletzt diskutierten kurzen deutschen Strecken mit der englischen 800km-Strecke, der Paradedisziplin des Transrapid, überhaupt nicht vergleichbar. Doch das Aus des Transrapid in Deutschland verfehlte seine Wirkung bei internationalen Interessenten nicht. Auch in Bayern hatten die Kritiker zwar den Transrapid verhindert aber die Transrapid-Mittel bekamen sie trotz aller schöner Argumente für Alternativen nicht: Eine Milliarde Euro an Bundesmitteln flossen nicht nach München und wurden gestrichen, nachdem konventionellen Lösungen auch in München der Vorzug gegeben werden sollte. Wie heißt es doch so schön? Das Leben ist eben kein Wunschkonzert…
Regionalverkehr und Kurzstrecken sind bis heute (noch) nicht die Disziplin bei der die Magnetschwebetechnik ihre Vorteile besonders ausspielen und wirtschaftlich gut konkurrieren könnte. Aktuell werden allerdings solche Systeme bei Max Bögl in Bayern und in China entwickelt. Auch der Transrapid beschleunigt immerhin innerhalb von 5km auf 300km/h (ein ICE benötigt hierfür je nach Generation immerhin stolze 20-30km). Dennoch waren die zahlreiche Stopps auf der vergleichsweise kurz geplanten Strecke an Rhein und Ruhr selbst für einen Transrapid nicht ideal um Geschwindigkeitsvorteile der bei ihm auf Langstrecke optimierten Maglev-Technik auch spürbar herauszufahren.
Politik und Wirtschaft: Das harmoniert nicht immer
Die Wünsche der zunehmend glücklos agierenden Politik stand also im völligen Gegensatz zur Strategie ihrer Vorgänger, mit dem Transrapid den Fernverkehr in Konkurrenz zum Flugzeug zu beschleunigen. Eine relativ kurze kommerzielle Referenzstrecke bauen zu wollen, auch wenn sie für sich unwirtschaftlich ist, mag wirtschaftspolitisch als Symbol Sinn ergeben. Sich dann aber über Jahrzehnte immer wieder in Wirtschaftlichkeitsdiskussionen bewusst kurz gehaltener Strecken aufzureiben war sinnlos und völlig inkonsequent.
Die Industrie ist es in Deutschland bei staatsnahen Projekten auch nicht gewohnt sich stark mit eigenem Geld zu beteiligen und große Risiken einzugehen. Vielleicht wäre das alles in den 1960er oder auch 1970er Jahren dem Bürger noch einfacher zu verkaufen gewesen. Heute hat sich das geändert. Beide Seiten hatten gute Argumente und die Politik nicht mehr den Mut sich gegenüber kurzsichtigen Argumenten für die langfristigen Chancen und Potenziale einzusetzen. Nichts zu tun und weiterzumachen wie bisher schützt zudem vordergründig vor Fehlern, zu viel ungebliebter Veränderung und ist so bis heute in der deutschen Politik fest als Weg des geringsten Widerstandes verankert.
Konventionelle Bahntechnik holt zunächst auf
Die Politik fremdelte mehr und mehr mit ihrem eigenen einstigen Vorzeigeprojekt. Die Wirtschaftslenker verloren die Geduld. Auch ändern sich im politischen Geschäft Akteure und Prioritäten. Ob der Transrapid mit etwas mehr Mut ein Erfolg geworden wäre, wird wohl erst einer seiner technischen Enkel zeigen – wahrscheinlich zunächst in weit entfernten Ländern. Unterschiedliche und sich verändernde Interessen, mangelnder Rückhalt, Billigflüge und weiterhin große Fortschritte der konventionellen Bahntechnik machten dem Transrapid jedenfalls zu stark zu schaffen.
Manche Stimmen sagen rückblickend, der Transrapid kam zu spät. Flüge wurden plötzlich zu billig und Rad-Schiene-Züge zu schnell. Vielleicht kam die Maglev-Technik trotz ihrer fast hundertjährigen Entwicklungsgeschichte aber auch schlicht zu früh. Die Entwicklungspotenziale konventioneller Rad-Schiene-Technik waren in den 1990ern noch nicht ausgeschöpft und man machte gerade im Bereich der Hochgeschwindigkeitszüge große Fortschritte.
Der Dorn im Auge der Rad-Schiene-Technikverfechter
Manchen war es gar ein Dorn im Auge, dass der Transrapid womöglich Mittel band, die man in der Konkurrenz gegen konventionelle Schnellzüge besser in den ICE gesteckt hätte. Ein TGV V-150 fuhr mit 574,8km/h dann 2007 auch dem Transrapid davon. Im kommerziellen Betrieb ist es jedoch fraglich, ob man Geschwindigkeit weit über 300km/h den Passagieren mit Rad-Schiene-Technik noch wird zumuten können.
Dennoch lieferten sich der japanische Shinkansen und der französische TGV über Jahrzehnte ein Fernduell um Rekordgeschwindigkeiten, fuhren dem ICE davon und rückten dem Transrapid auf die Pelle. Heute fahren die Chinesen mit kommerziell erreichten Durchschnittsgeschwindigkeiten über 300km/h und einer Höchstgeschwindigkeit von 350km/h konventionelle Schnellzüge („Fuxing“) und den Transrapid mit bis zu 430km/h. Der Bedarf für immer schnellere Züge ist da. Die alltagstauglichen Geschwindigkeits- und Kapazitäts-Grenzen von Rad-Schiene sind langsam aber sicher erreicht. Die neue Technik der Magnetschwebebahn steht in diesen Punkten noch am Anfang ihres Potenzials. Und man darf sich auch nichts in die Tasche lügen: Auch wenn der ICE technisch 300km/h fahren kann, auf deutschen Strecken herrscht im internationalen Verkehr in der Praxis seit langem weitestgehend Bummelzug-Geschwindigkeitsniveau.
Maglevs schlagen „Bullet Trains“
Es wird sich zeigen, welche Geschwindigkeiten mit Magnetschwebetechnik noch erreicht werden können. Da die kommerzielle Umsetzung nun beginnt, wird sich auch die Technik bald anhand der Praxiserfahrungen weiterentwickeln, billiger und besser werden. Neben den Chinesen entwickeln heute vor allem die Japaner auf diesem Gebiet. Auf Ihrer heute 43km langen Maglev-Teststrecke in Yamanashi fuhren sie den Magnetschwebezug „Chuo Shinkansen“ mit 603km/h zum aktuellen Weltrekord. Kommerziell soll der japanische Maglev zwischen Tokyo und Nagoya ab 2027 zum Einsatz kommen und später bis Osaka fahren. Mit über 500km/h Geschwindigkeit soll die 300km lange Strecke bis Nagoya in 40 Minuten bewältigt sein und Osaka nach 440km in unter 70 Minuten erreicht werden.
Andere Länder andere Sitten
Das alles sind im Unterschied zu deutschen Landen aber nicht nur bloße Absichtserklärungen. Die Bauarbeiten für die weltweit erste Langstrecken-Magnetschwebebahn haben im Dezember 2014 tatsächlich begonnen. Schon 2020 sollte im Zuge der Olympischen Spiele mit Passagieren aus aller Welt eine Streckenführung unter Einschluss des Testgeländes in den Bergen von Yamanashi befahren werden. Diese Strecke soll auch Teil der endgültigen kommerziellen Gesamtstrecke werden. Nach heutigen Schätzungen, werden am Ende rund 70 Mrd. Euro für Fahrweg, Tunnel und Fahrzeuge in diese Pionierleistung investiert worden sein. Heute wissen wir, dass die Welt 2020 nicht im großen Stil vom sog. Chuo Shinkansen beeindruckt wurde.
Mit der Covid-Pandemie kam der großen japanischen Leistungsschau im Umfeld der Olympischen Spiele etwas gewichtiges in die Quere. Vielleicht hätte man sich sonst auch in Deutschland an mancher Stelle die Frage stellen müssen, warum man in Japan schafft, was bei uns nie gelungen ist. Die Japaner jedenfalls dürften mit am besten wissen, wann die Zeit für den kommerziellen Maglev reif ist, sind sie doch die Nation, die mit dem Shinkansen einst quasi schon den konventionellen Hochgeschwindigkeitszug („Bullet Train„) erfand und neue Technologien am wenigsten nötig hätte.
Warum die Magnetschwebebahn in Deutschland endgültig aufs Abstellgleis fuhr
War der „Wunderzug“ tatsächlich zu teuer?
Im vorhergehenden Abschnitt wurde es dem aufmerksamen Leser sicherlich bereits bewusst: Den einen Grund für das Scheitern des Transrapids gab es nicht. Der Misserfolg hatte viele Väter, Mütter und Gründe. War der Transrapid nun zu teuer? Darauf lautet die Antwort ganz klar: Ja und Nein! Als Langstreckenfahrzeug war der Transrapid für die zuletzt konzipierten Nahverkehrsstrecken sicherlich angesichts geringer Zeitgewinne eher zu teuer. Bereits in den 1970er Jahren wurden die Kosten für die Umsetzung einer Magnetschnellbahn auf 20 Milliarden D-Mark veranschlagt (ursprünglich wurde hierbei freilich an eine längere Strecke wie Hamburg – Berlin gedacht). Wenn das zu teuer gewesen wäre, hätte das Projekt an diesem Punkt geendet. Man hat es begonnen und spätere Strecken scheiterten an Kosten von 3,4 Milliarden Euro in Bayern und 3,2-5 Milliarden Euro in NRW – nach Geldwert von 1970 also ein Bruchteil von 20 Milliarden D-Mark, durchaus im Plan!
Die Diskussion um die Kosten
Auf einen akuten Systemvergleich Magnet/Rad-Schiene reduziert erschienen die kurzen Pionier-Transrapidstrecken immer teuer. Diesen Vergleich hätte auch das Auto gegen das Pferd wohl immer verloren. Berechnungen des Transrapid-Konsortiums zeigten zudem ursprünglich günstigere Kosten. Doch die immer neuen Anforderungen und Hürden, ließen die Kosten im konkreten Projekt schnell explodieren. Während z. B. die Münchener Strecke ursprünglich zur Hälfte der Kosten konzipiert war, verdoppelten immer neue Forderungen der Stadt (nach zeitgenössischer Berichterstattung auch nicht unbedingt eine große Veerfechterin des Vorhabens) nach Tunneln und geänderter Streckenführung das veranschlagte Budget schnell.
Tatsächlich lagen die Kosten der in den letzten Jahren fertiggestellten ICE-Strecken teilweise sehr deutlich über früheren Kalkulationen und es sind durchaus erhebliche Zweifel angebracht, ob der Transrapid im Fernverkehr wirklich jemals das teurere System gewesen wäre. Durch die Erfahrungen in Japan auf der Langstrecke werden die in Deutschland erbittert geführten Theorie-Diskussionen nun bald mit harten Fakten untermauert werden. Dabei hat Japan bereits konventionelle Hochgeschwindigkeitsstrecken, die den deutschen ICE-Verkehr eher lahm erscheinen lassen und damit deutlich höhere Anforderungen an die Magnetschwebebahn stellen, um Vorteile zu generieren. Und so muss die Frage jetzt schon erlaubt sein: Wenn in Japan die Bahngesellschaft die wirtschaftliche Zukunft im Maglev sieht und stolze 70 Milliarden investiert, warum sollten in Deutschland dann grundsätzlich andere Gesetze gelten?
Unsachliches Störfeuer
Die zögerliche und immer wieder verschleppte Umsetzung von Transrapidstrecken in Deutschland hat viel Zeit und Angriffsfläche für unsachliche und emotionale Diskussionen geboten. Einer der entscheidenden Punkte war hier sicherlich, dass die Anbieterseite rein technisch agierte, forcierte und weiterentwickelte. Es blieb ihr aber auch wenig anderes übrig, denn sie hatte nie einen Partner der die Technik unbedingt einsetzen wollte. Die Deutsche Bahn zeigte tendenziell nur sehr verhaltenes bis gar kein ernstes Interesse am Transrapid. Obwohl das offenbar allen Beteiligten immer mehr oder weniger klar war, wurde diese Diskrepanz nie konstruktiv aufgelöst. Die unterschiedlichen Interessen passten und brachte man nie zusammen, einen anderen Betreiber suchte oder fand man nie. Die Magnetschwebetechnik ist weiterhin hochattraktiv und zukunftsträchtig. Nicht die Geschichte der Technologie, sondern die des Transrapid in Deutschland war eine unglückliche und am Ende blieb es auch eine mutlose.
Die Kooperation zwischen Staat und Industrie funktioniert offenbar bei Großprojekten in Deutschland immer weniger. Zahlreiche Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen das deutlich auf. Doch dafür konnte die Technik des Transrapids nichts. Sie war und ist ein Erfolg deutscher Ingenieurskunst. Technisch ist die Transrapidtechnik seit den 1990er Jahren kommerziell einsatzreif entwickelt. In Summe waren es dennoch nicht Umstände oder gar Sachzwänge, sondern schlechte Entscheidungen von Menschen sowie unterschiedliche Interessen und Akteure die die Umsetzung von Transrapidstrecken zum Scheitern brachten. Letztendlich folgte das Ende des Transrapids in Deutschland als Ergebnis mehrerer Umstände, Gründe und Entscheidungen. Die eine Ursache (auch und schon gar nicht das in den Massenmedien gerne als Grund für das Ende bemühte Unglück) gibt es nicht.
Wahrscheinlich nicht teurer aber Praxisbeweis verhindert
Ob der Transrapid teurer war als konventionelle Bahntechnik ist bis heute Gegenstand erregter Diskussionen. Es darf zumindest stark bezweifelt werden. Aber ist diese Diskussion überhaupt sinnvoll? Die in Deutschland wiederholt erfolgte Verkürzung auf Wirtschaftlichkeitsdiskussionen ergab bei der Einführung einer komplett neuen Technologie nie wirklich Sinn. Zum Zeitpunkt der Einführung von zunächst sündhaft teuren LCD-Fernsehern und Bildschirmen war die Bildröhre unschlagbar günstig geworden. Was nutzen wir heute und wie günstig sind LCDs und LEDs geworden? Wäre es sinnvoll gewesen die neue Technik aufgrund zunächst hoher Kosten nicht weiter zu verfolgen? Auch der Wechsel vom Verbrennungsmotor auf Elektroantriebe ist im PKW- und LKW-Bereich ein Wechsel, bei dem die neue Technologie einige Vorteile hat, dabei jedoch anfangs auch noch Nachteile. So ist sie viel teurer und weist dafür noch eine geringere Reichweite bei schlechter Lade-Infrastruktur auf. Dennoch hält man pespektivisch daran fest.
Die rasante Verbesserung und Verbilligung von Technologie geschieht im kommerziellen Einsatz. Die Elektromobilität machte die größten Entwicklungen bei Tesla im Kundeneinsatz, nicht während VW mit dem Elektro-Golf „City Stromer“ experimentierte oder Mercedes seinen „Electro Transporter“ testete. Wie hätte der Transrapid durch Testkilometer im Emsland billiger werden sollen? Dazu braucht es mehr Masse, permanente Weiterentwicklung durch Praxiserfahrungen und Effizienzsteigerung durch Erkenntnisse aus dem kommerziellen Einsatz.
Die Zukunft findet woanders statt
In der Welt hat man längst die Prinzipien des digitalen Zeitalters auf technische Großprojekte umgesetzt und macht sie billiger. So verfährt z. B. Space X und reduziert die Kosten der Raumfahrt auf Bruchteile. Womöglich wird es mit dem Hyperloop ähnlich sein: Neue Großtechnik wird proaktiv angeschoben und im kommerziellen Einsatz innovativ besser und billiger gemacht. Was wäre mit dem Transrapid möglich gewesen? Vergleichbare Effekte hat es tatsächlich auch beim Transrapid schon gegeben. Allein aus der Errichtung der ersten und einzigen kommerziellen Strecke in Shanghai, hat das Bauunternehmen Max Bögl zahlreiche Lehren gezogen und die Errichtung zukünftiger Fahrwege dadurch erheblich preiswerter machen können. Doch in Deutschland war der Transrapid zu diesem Zeitpunkt politisch bereits erledigt.
Für das schlechte Image des Transrapid ist sicherlich auch eine Eigenart mit prägend gewesen: Es ist in Deutschland wohl ohne Zweifel so, dass der ÖPNV als ein ökologisches Verkehrsmittel gilt. Dementsprechend wird die Bahn auch von den dem Umweltschutz verschriebenen Parteien und Verbänden als Verkehrsmittel Nr. 1 propagiert. Doch gleichzeitig haben wir hierzulande anscheinend einen Hang dazu, dass Umweltschutz auch häufig mit „Low Tech“ als engem Verwandten der Askese gleichgesetzt wird. Das Motto ist anscheinend: Low Tech ist Vernunft – High Tech ist Spinnerei – Spinnerei ist umweltschädliche Ressourcen- und sowieso Größenwahn und Geldverschwendung. Man mag sich von der Natur offenbar nicht zu weit entfernen und misstraut grundsätzlich auch den besten Fähigkeiten des Menschen High Tech zum Nutzen aller und der Umwelt zu entwickeln und zu beherrschen.
Das Mindset macht den Unterschied
Die Sicht auf Hochtechnologie ist im Silicon Valley oder in Asien offenbar eine völlig andere. Dort betrachtet man nicht etwa weniger, sondern mehr und bessere Technologie als Mittel zur Lösung ökologischer Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Spitzentechnologie ist Teil der Lösung, nicht Teil des Problems. Die im „Low Tech“-Modus verhaftete, wenig visionäre und nicht strategische Diskussion über den Transrapid als Verkehrsmittel für das 21. Jahrhundert konnte so nie konstruktiv geführt werden. High Tech setzt sich international durch, während disruptive Technologien heute kaum noch aus Deutschland kommen. Europa insgesamt hat sich aus vielen Industrien längst verabschiedet und ist in neue nie, nur in Nischen oder auf niedrigem Niveau eingestiegen. Robotik, Gentechnik, KI, Digitalisierung, Raumfahrt, neue Möglichkeiten der Kernenergie und Fusionstechnik mit deutlich weniger Strahlenrisiken: Deutschland ist nicht oder kaum mehr dabei. Im Gegenteil geht es bei diesen Themen mehrheitlich um Verbots- und Verhinderungsdebatten, auch auf EU-Ebene.
Rot-Grün installierte 1999 mit Hartmut Mehdorn einen Bahnchef, der rückblickend wohl auch keineswegs als Transrapid-Freund gewertet werden kann. Sein Desinteresse ließ er auch an einigen Stellen offen durchblicken ließ – auch an der Bahnindustrie insgesamt, denn ihr Wohl sei eben nicht seine Aufgabe. Zwei Aspekte sind hierbei sicherlich besonders zu beachten: Mehdorn war ursprünglich Luftfahrtingenieur und Manager (u. a. Focke-Wulff, Airbus, Dornier), also offenbar ein Mann der Luftfahrtbranche. Er stammte damit exakt aus der Branche, der der Transrapid als neue Konkurrenz erheblich das Leben schwer machen sollte. Nach seiner Zeit bei der Bahn wurde Mehdorn noch Vorstandsvorsitzender bei Air Berlin und dem Flughafen Berlin Brandenburg. Er bekannte bei seinem Antritt als Air Berlin CEO, dass die Luftfahrt trotz fast zehn Jahren an der Spitze der Deutschen Bahn seine Lieblingsbranche geblieben sei. Hätte ein solcher Bahnvorstand seiner selbsterklärten Lieblingsbranche mit dem Transrapid wohl gerne schwer zusetzen wollen?
Die Rolle des Bahnchefs
Natürlich hatte Mehdorn mit der von ihm übernommenen Deutschen Bahn aber auch ganz andere Sorgen. Die Bahn stand heftig in der Kritik. Wem ist da an weiteren Baustellen mit einem komplett neuen System gelegen? Mehdorn wollte das Geld für das System das er schon hatte: Den Ausbau des ICE. Das war alles andere als eine Trendwende im Verhältnis Deutsche Bahn – Transrapid. Der Bahn unter Mehdorn passte der Transrapid, die neue Technologie und das Risiko nie ins Konzept und einen anderen Kunden / Betreiber holte die Politik nie ins Boot oder es ist ihr nicht gelungen (was wäre gewesen, wenn man z. B. für den schwebenden Zug die Lufthansa hätte an Bord holen können?). Die nach der Wiedervereinigung verfolgte Strecke Berlin-Hamburg wurde im Frühjahr 2000 dann auch endgültig zu den Akten gelegt. Kosten und sinkende Fahrgastprognosen gaben am Ende den Ausschlag und so wurde eine herkömmliche ICE-Strecke gebaut. Eine humoristisch wertvolle aber letztendlich wohl so auch nicht sehr hilfreiche Fürsprache des früheren bayrischen Ministerpräsidenten Stoiber passte gut zum weiterhin glücklosen agieren und sich seinerzeit längst festsetzenden Eindruck, dass cleverer ist, wer den Transrapid nicht befürwortet.
Der Wechsel von der Kohl-Kanzlerschaft zur rot-grünen Schröder-Regierung 1998 war insgesamt nicht geeignet um in Deutschland für neue, positive Impulse beim Transrapid zu sorgen. In der SPD fanden sich schon nur wenige Transrapid-Fans und die Grünen waren erklärtermaßen dagegen. Bundesumweltminister Trittin stellte halbherzige Beträge für die Realisierung einer Strecke in Aussicht, schmähte den deutschen Magnetzug aber persönlich gerne mit. Die Aktionäre der beteiligten Industrie verloren langsam die Geduld. An eine internationale Vermarktung ohne eigene Strecke glaubte trotz weiterhin anderslautender Statements aus Politik und Konzernmanagements kaum noch jemand ernsthaft.
Aktionäre machen Druck
Die Konzernköpfe waren geneigt das Abenteuer Transrapid im Interesse ihrer Aktionäre zu beenden. Das in China eine Strecke realisiert werden konnte schien nichts zu ändern. Sie war zu kurz. Dass sie später nur deshalb nicht verlängert wurde, weil die Chinesen das Vertrauen in die dem eigenen Zug misstrauenden Deutschen verloren, wurde gerne umgedeutet. Das Argument mit dem Transrapid unzufriedener Chinesen klang einfach zu gut, um nicht zu versuchen damit in Deutschland endgültig den Deckel auf die Diskussionen zu bekommen. Ein tragisches Unglück 2006 spielte bei der Abwicklung des Projekts dann auch eine Rolle, obwohl es mit der Transrapid-Technik an sich nichts zu tun hatte. Der Transrapid und die Versuchsanlage wurden noch einige Jahre nach dem Unglück weiterentwickelt und betrieben, auch wenn Medienberichte zu Jahrestagen immer wieder etwas anderes suggerieren wollen.
Den Deutschen scheint ihr Fortschrittshunger abhanden gekommen zu sein – zumindest für Fortschritt Made in Germany. Berichte über den Hyperloop aus den Technologie-Aktivitäten des Milliardärs Elon Musk sind heute auch hierzulande von Faszination und Begeisterung geprägt. Rückblickende Artikel über den deutschen Transrapid kokettieren nicht selten mit einer gewissen Häme über die deutsche Industrie, die Politik und deutsche Ingenieure. Da ist es vielleicht auch ganz gut, dass kaum bekannt ist, dass der (noch?) gefeierte Hyperloop letztendlich ebenfalls eine Idee Hermann Kempers war. Schon 1938 erdachte er eine Magnetschwebebahn, die im Beinahe-Vakuum fast luftleerer Röhren bis zu 3.500km/h erreichen könnte („Rohrbahn“).
Das Tüfteln geht weiter – auch in Deutschland
Auch in der jüngsten Vergangenheit waren deutsche Tüftler an der Entwicklung der nun Hyperloop getauften Technologie beteiligt. Denn Space X hatte einen Ideen-Wettbewerb ausgeschrieben: Die „Hyperloop Pod Competition“. Diese Form des Entwicklungswettbewerbs ist sicherlich auch eine Sache, die das Unternehmen richtig und sympathisch machte. Das Team der TU München hat den Wettbewerb bereits zwei Mal gewonnen. Auch Schweizer Entwickler widmeten sich der Realisierung einer „Swissmetro“ nach diesem Prinzip, scheiterten jedoch früh an den Kosten. In den letzten Jahren entstanden weltweit einige Unternehmen, die sich der kommerziellen Umsetzung von Hyperloop-Projekten widmen und bereits Teststrecken bescheidenen Umfangs unterhalten. Ein prominentes von ihnen, Hyperloop One, hat seinen Betrieb anscheinend Ende 2023 eingestellt und veräußert sein Betriebsvermögen inklusive Prototypen und kleiner Teststrecke. Dazu beigetragen haben wird, dass der investierte Milliardär Richard Brandson Saudi-Arabien nach der Ermordung von Jamal Khashoggi kritisierte und das arabische Königreich aus einem geplanten Projekt ausstieg. Brandson zog sich darauf hin als Investor aus der Firma zurück.
Auch die Aktivitäten bezüglich des sogenannten SwissRapide Express, der sich dem Einsatz der Transrapid-Technologie in der Schweiz widmete, sind offiziell wohl immer noch nicht zu den Akten gelegt. Ob es einen winzigen Raum für ein Transrapid-Wunder auf europäischem Boden lässt, kann bezweifelt werden, da sich an den Rahmenbedingungen nur wenig zum Positiven verändert hat und unklar ist, wer heute den Zug bauen könnte (das ThyssenKrupp-Werk wurde geschlossen).
Zahlen und Fakten über die deutsche Magnetschwebebahn
In der gesamten, mit fortlaufender Dauer immer erbitterter und dogmatischer geführten Debatte um den Transrapid wurden allerlei Behauptungen aufgestellt. Teilweise selbstverständlich unterfüttert mit Gutachten. Doch wie das mit Gutachten und ihren Auftraggebern so ist, lassen sich in der Theorie Annahmen je nach Bedarf eher optimistisch oder eher pessimistisch auslegen. Und da ist es keineswegs in Stein gemeisselt, dass die selbsternannten Umwelt- und Menschenfreunde mit ihren grundsätzlich pessimistischeren und skeptischeren Annahmen immer näher an der Realität wären als die Industrie, mit ihren vielleicht manchmal zu blumigen Annahmen und Werbeversprechen. Beim Transrapid darf man jedoch nicht vergessen, dass die Anteilseigner von Transrapid International ja nicht irgendwer waren. Es waren mit Siemens und ThyssenKrupp die Konzerne, die auch hinter der konventionellen Bahntechnik stehen. Welchen Grund sollten sie gehabt haben, den Transrapid günstiger darzustellen als nötig?
Fakten, Fakten, Fakten
In der Transrapid-Debatte machten die Gegner jedenfalls bis zum Schluss glaubhaft, dass der grundsätzlich sehr viel teurer, lauter und schlechter sei als er es laut Transrapid International sein sollte oder auch teilweise nachweislich war. Das Bild eines lauten, teuren Elektrosmog-Monsters auf Stelzen wurde kreiert und setzte sich bis heute fest.
An dieser Stelle sollen die offiziellen Angaben der Konzerne hinter ICE und Transrapid eine Idee davon geben, in welchen Größenordnungen man sich 2006 bewegte (u. a. nach den praktischen Erfahrungen und vorgenommenen Verbesserungen während der Errichtung der Strecke in China). Alle Daten mit Stand 2006 von Transrapid International:
Das Unglück das nie hätte passieren dürfen
und 23 Menschenleben forderte
Nicht hilfreich für die Transrapid-Technologie und in höchstem Maße so traurig wie tragisch, war ein Ereignis im Emsland am 22.09.2006. So unverzeihlich dieses Versagen war und ist: Anders als heute medial oft behauptet, führte es nicht zum Ende des Transrapids und auch nicht zum Ende der Versuchsanlage. Das Unglück sollte nicht nur viele Menschen das Leben, die Gesundheit oder geliebte Angehörige und Freunde kosten, sondern natürlich auch einen dunklen Schatten über das Transrapid-Projekt werfen.
Seit dem schrecklichen Unglück ist der Transrapid untrennbar mit den traurigen Ereignissen auf der Versuchsanlage verbunden. Was war passiert? Die Magnetschwebebahn ist ein sehr sicheres Fahrzeug, kalkuliert mit einer deutlich geringeren Unglückswahrscheinlichkeit als die konventionelle Bahn und auch das Flugzeug. Entgleisungen und Kollisionen sind prinzipbedingt ausgeschlossen. Eine exzellente elektronische Überwachung misst und regelt ständig das ganze System.
Wie konnte es also trotzdem zu einer solchen Katastrophe kommen? Die Strecke der Versuchsanlage wurde mit konventionell angetriebenen, bereiften Wartungsfahrzeugen instandgehalten und gereinigt. Diese Fahrzeuge waren in keiner Weise mit der Streckensteuerung des Transrapids verbunden und konnten nur manuell per Funk lokalisiert werden. GPS und andere moderne Errungenschaften wurden im Lauf der Zeit nicht nachgerüstet.
Menschliches Versagen
Am 22. September 2006 ereignete sich mit dem Transrapid 08 ein schwerer Unfall mit 23 Toten und 10 Verletzten. Ein Wartungswagen befand sich noch auf der Strecke, während Kommunikationsfehler und Unachtsamkeit dazu führten, dass der Transrapid 08 mit seinen Besuchern trotzdem auf die Strecke geschickt wurde. Der Magnetzug war am Unglückstag noch keine Minute auf der Strecke, bis es zur verheerenden Kollision mit dem Wartungsfahrzeug kam. Kurz vor dem Aufprall konnte noch eine Notbremsung eingeleitet werden, die jedoch nur noch wenig ausrichten konnte.
Fast alle der an diesem Tag nicht sehr zahlreichen Fahrgäste saßen nahezu ohne Überlebenschance im vorderen Teil des Zuges. Der TR08 fuhr mit über 160km/h auf und schob das rund 60 Tonnen schwere Wartungsfahrzeug in etwa bis zur Stelze 135. Der vordere Teil des Zuges wurde dabei völlig zerstört. Nur acht Menschen im TR08 und die zwei Wartungsarbeiter überlebten das Unglück teils schwer verletzt. Letztere hatten das Glück, dass sie sich zum Zeitpunkt des Aufpralls auf der dem Zug abgewandten Seite des Wartungsfahrzeugs befanden. Eine kleine Gedenkstätte erinnert noch heute an die Toten des Unglücks. Für jedes Todesopfer wurde etwas weiter entfernt am ehemaligen Besucherzentrum zur Erinnerung ein Baum neben einem Mahnmal gepflanzt. Einige der Verletzten blieben nach dem Unglück berufsunfähig und hatten schwere gesundheitliche Folgen des Unglücks zu verkraften.
Zwischenmenschliches und fataleres im Weg
Eine in der Steuerzentrale erregt geführte Diskussion über durchzuführende Versuche soll die zum Unglück führende Unachtsamkeit der Verantwortlichen damals mit herbeigeführt haben. Für die Entscheidung ein Fahrzeug auf die Strecke zu schicken war nur ein 4-Augen-Prinzip vorgesehen. Modernere technische Sicherheitssysteme gab es zur Überwachung der Wartungsfahrzeuge nicht. Richter stellten später so hemdsärmelig wie einleuchtend fest, dass schon die Verwendung eines einzigen Schlüsselbundes für Zug und Wartungsfahrzeuge jede gleichzeitige Befahrung der Strecke effektiv hätte verhindern können.
Das schlimmste Unglück, das aber nicht das Ende des Transrapid war
Das akute menschlichen Versagen und die Unzulänglichkeiten der technischen Einrichtungen führten zum schlimmsten Unglück in der Transrapidgeschichte. So soll auch keine gleichzeitige Kommunikation mit dem Transrapid und dem Wartungsfahrzeug möglich gewesen sein. Die nicht freie Strecke wurde unter diesen Umständen irrtümlicherweise für frei erklärt und die folgenreiche Fahrt des TR08 begann. Der Großeinsatz an der Unfallstelle dauerte einige Tage. Rund 200 Rettungskräfte waren am fast völlig zerstörten Teil des Zuges im Einsatz. Das beschädigte Mittelsegment und das Endsegment des Unglücksfahrzeugs sind noch an bzw. in der Nähe der TVE abgestellt und verwittern mehr und mehr.
Die am Unglückstag diensthabenden Fahrdienstleiter sowie der gerade neu im Amt befindliche Betriebsleiter und sein frisch verrenteter Vorgänger wurden später in zwei Verfahren angeklagt und verurteilt. Die Betriebsleiter erhielten hohe Geldstrafen. Sie hatten die Fahrdienstleiter sowie den Zugführer zuvor schwer belastet. Die beschuldigten Fahrdienstleiter erhielten später Bewährungsstrafen und Geldstrafen, die an eine Behinderteneinrichtung zu zahlen waren. Die Aufarbeitung der Vorgänge brachte in erster Linie Sicherheitsmängel zu Tage und wies hierfür die Verantwortung insbesondere der Betriebsleitung zu.
Doch so tödlich und enorm die Folgen der ermittelten Kausalkette auch waren, eine besondere persönliche Schuld konnten die Richter bei allem menschlichen Versagen letztlich nicht feststellen und sprachen unter den gegebenen Umständen von einem Augenblickversagen, wie es jedem Menschen in derselben Situation hätte unterlaufen können. Sicherlich war und blieb es schwer für die Hinterbliebenen, die Überlebenden aber sicherlich auch für die damals Verantwortlichen schwer das Unglück, den Verlust und die Folgen zu verarbeiten. Nicht zuletzt die Einsatzkräfte werden das Unglück sicher nie vergessen. Die Geschehnisse sind auch nach wie vor an Jahrestagen oder zu anderen aktuellen Geschehnissen fester Bestandteil der Berichterstattung rund um den Transrapid – leider häufig mit der falschen Darstellung, das Unglück hätte zum Ende des Transrapids und der Versuchsanlage geführt. Diese Darstellung ist nicht richtig.
Nach dem Unglück geht es weiter
Im Jahr 2009 erteilten TÜV und Bahnaufsicht die Betriebsgenehmigung für den neuen Transrapid 09 und die nach dem Unglück mit neuen Sicherheitseinrichtungen ausgerüstete TVE. Bis Anfang 2012 durften nur noch maximal 20 Besucher mitgenommen werden und das auch nur, wenn die Fahrt Vertriebszwecken diente. Die hunderttausendfach durchgeführten Publikumsfahrten waren trotz aktualisierter Technik nach 2006 Geschichte – und wenige Jahre später die gesamte Versuchsanlage sowie die Zukunft des Transrapid. Ist die Stilllegung der TVE ein Zeichen des Scheiterns des Transrapids? Nein, denn die Versuchsanlage wurde letztendlich aus einem recht banalen Grund nicht mehr weiterbetrieben: Der Transrapid war längst betriebsreif und quasi dafür zu Ende entwickelt. Weiterer Entwicklungsbedarf wäre sicherlich für die Produktverbesserung im kommerziellen Einsatz und der Vermarktung entstanden. Da diese ausblieben, gab es auch keinen Bedarf mehr die Versuchsanlage weiterhin zu betreiben.
Was mit dem Transrapid erreicht wurde und was von ihm bleibt
Auch wenn der Transrapid nicht aufgrund des Unglücks scheiterte und die Magnetschwebetechnik rein gar nichts damit zu tun hatte, erholte sich das Projekt in Deutschland in der Berichterstattung und der öffentlichen Wahrnehmung nicht von diesem für so viele Menschen tödlichen, schmerzlichen und grausamen Schicksalstag. Zu lange war die Vermarktung des Zuges weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, als dass sein ohnehin ramponiertes Image das Unglück noch unbeschadet hätte verkraften können.
Für den vorläufigen Ausgang der Geschichte bleibt diese Entwicklung ohne Bedeutung. In Deutschland war der Wunderzug politisch schon vor dem Unglück so gut wie am Ende und international ohne Strecke im eigenen Land kaum erfolgreich zu vermarkten.
Die Reise der Magnetschwebebahn geht weiter
Wirtschaftlich erfolgreicher werden deshalb – ausbleibende Wunder vorausgesetzt – nun die aktiven Konkurrenzprojekte und technischen Nachfahren des Transrapid sein. Auf dem Laufenden hierzu bleiben Sie z. B. bei magnetbahn.org. Mit dem Kauf des Transrapids (offiziell jedoch nicht der Technologie, was auch fälschlicherweise in den Medien und Debatten häufiger behauptet wird) sicherte sich China den Zugriff auf die Technologie, konnte die Züge ausgiebig testen, studieren und Erkenntnisse in die eigene Produktentwicklung einfließen lassen.
Bereits heute fahren erste, offenichtlich auch mit aus diesem inoffiziellen Technologietransfer hervorgegangene neue chinesische Maglev-Züge und weitere sind geplant. Während ThyssenKrupp sein Transrapid-Werk schloss, sind Chinesen und Japaner drauf und dran ihre Maglev-Trains bald international zu vermarkten und eigene Strecken zu errichten. Irgendwann finden sie womöglich den Weg zurück nach Europa und wir kaufen chinesische, auf deutscher Ingenieursarbeit basierende Magnetschwebetechnik zur Errichtung von Hochgeschwindigkeitsverbindungen in Deutschland.
Auch hierzulande gibt es tatsächlich noch Aktivitäten, allerdings nicht im früheren Ausmaß und auch nicht auf der TVE. Die Versuchsstrecke soll abgerissen werden, wenn auch immer wieder Überlegungen aufkommen, die TVE z. B. für die Entwicklung des Hyperloop zu nutzen. Die wertvollen Metalle sind bereits entfernt. Über den weiteren Rückbau tobte über Jahre ein Rechtsstreit zwischen der heute nicht mehr im Bundesbesitz befindlichen letzten TVE-Betreiberin IABG und dem Bund. Er drehte sich vor allem darum, ob die Gewinne aus dem Verkauf der Metalle einbehalten werden dürfen oder mit zur Finanzierung des Rückbaus herangezogen werden müssen. Das müssen sie, wie 2017 richterlich entschieden wurde. Wenn auch bei weitem nicht so tragisch und dramatisch wie nach dem Unglück von 2006, hat also ein weiteres Gerichtsverfahren das Ende des Transrapids in Deutschland begleitet und geprägt.
Max Bögl entwickelt neues System
Die von der Firma Max Bögl gewonnenen Erfahrungen beim Bau der chinesischen Strecke sind in eine eigene kleine Versuchsstrecke im bayrischen Sengenthal entlang der B299 eingeflossen. Auch aus den Folgen der teilweise überkritischen Transrapid-Berichterstattung hat man anscheinend Konsequenzen gezogen. Und so umgab die Aktivitäten rund um dieses Magnetschwebebahn-Projekt lange eine Art Mantel des Schweigens. Fotos zeigen: Das Fahrzeug ist schmaler, fährt führerlos und der Fahrweg umgreift nun eher den Zug und nicht umgekehrt. Ein Transrapid ist das nicht, offenbar auch nichts schnelles. Aber es ist eine Magnetschwebebahn, dieses mal eher für den Nahverkehr. Max Bögl sieht die größeren Chancen für sein neues Produkt angesichs der Erfahrungen der Vergangenheit offenbar von Anfang an nun eher außerhalb Deutschlands.
Ganz zu Ende ist also die Entwicklung der Magnetschwebetechnik auch in Deutschland noch nicht und es werden weitere Kapitel geschrieben. Wenn Sie demnächst mit einem modernen ThyssenKrupp-Aufzug fahren, fahren Sie evtl. auch mit einem Stück Transrapid. Teile der Magnetschwebetechnik haben Einzug in den Fahrstuhlbau bei ThyssenKrupp gehalten und so lassen sich mit Transrapidtechnik in gewisser Weise auch heute noch Höhenflüge erleben. Ein Vorteil ist, dass diese Fahrstühle horizontal und vertikal fahren können. ThyssenKrupp Elevator selbst ist heute trotz dieser hochmodernen Technologie allerdings auch keine Erfolgsgeschichte von ThyssenKrupp mehr.
Die Technik lebt weiter
Die Aufzugsparte von ThyssenKrupp musste verkauft werden. Teile der Transrapidversuchsanlage wurden zu einem Forschungs- und Entwicklungszentrum für Elektromobilität umgebaut. Die Transrapid-Technologie soll auch hierbei eine wichtige Rolle spielen und helfen Elektro-Fahrzeuge induktiv während des Fahrens aufzuladen. Wohl auch deshalb musste der dort noch verbliebene TR09 (er wurde ursprünglich für den kommerziellen Einsatz in München gebaut) aus dem Forschungszentrum abtransportiert werden. In einer Versteigerung setzte sich die Kemper Wurstfabrik in Nortrup, also die Familie Hermann Kempers als Käufer durch. Der Kaufpreis für den 10 Jahre alten HighTech-Zug soll bei nur noch rund 200.000 Euro gelegen haben.
Das Ende des jüngsten Transrapid in Deutschland ist Wurst
Der jüngste und vorerst letzte Transrapid steht nun vor den Verwaltungsgebäuden einer Wurstfabrik und dient ihr als Konferenzzone. Die Schwertransporte nach Nortrup verzögerten sich einige Zeit, da man die Schwere der Fahrweg-Elemente zunächst unterschätzt und bei der Organisation das Hauptaugenmerk auf den Zug gelegt hatte. Der heute in Nortrup verwendete Fahrweg wurde deshalb eigens für den TR09 vor Ort neu erstellt, allerdings mangels Notwendigkeit nicht ganz originalgetreu. Der TR09 wird nie wieder fahren. Die letzten dokumentierten politischen Wortmeldungen zum kommerziellen Einsatz des Transrapid kamen Anfang 2018 aus Göttingen: „die Partei“ forderte eine Transrapidstrecke für die Stadt, sollten gewisse innerstädtische Verkehrsprobleme sich nicht anders lösen lassen.
Im Gegensatz zu früheren politischen Absichtserklärungen, weiß man hier zumindest von Anfang an, dass die Akteure es nicht ernst meinen. Man wird sehen, wie es mit dem Transrapid und der Magnetschwebebahn weitergeht. Teile des heute in Bonn ausgestellten TR06 und ein Teil des TR09 in Nortrup könnten jedenfalls bald als Ausstellungs- bzw. Verkaufsräume für Besucher zugänglich sein. Immerhin kann man dort dann noch ein wenig den Glanz vergangener Tage bewundern und sich vorstellen, wie es hätte sein können. Und wer auf den Geschmack gekommen ist, fliegt ja vielleicht für eine Fahrt im Transrapid auch mal nach Shanghai.
Im März 2018 wurde bekannt, dass ein verbliebener Transrapid auch nach Bochum in das dortige Eisenbahnmuseum kommen soll. Er soll größtenteils originalgetreu gezeigt und teilweise als Ersatz für einen alten Orientexpress-Speisewagen in ein Gastrokonzept einbezogen werden. Die Umsetzung des Vorhabens zieht sich seitdem hin ist aber noch bis 2023 Inhalt weitere Berichterstattung geblieben.
Im Sommer 2022 wurde nach 15 Jahren des Besucherzentrum der Transrapid Versuchsanlage Emsland wieder eröffnet. Es dient als Ausstellung und Informationszentrum über Geschichte und Technologie des Transrapid. Getragen werden diese Aktivitäten vom Förderverein Transrapid Emsland.
Bilder-Galerien des Transrapid und der Transrapid Versuchsanlage Emsland
Ein Klick auf ein Foto vergrößert es. Weiterblättern durch die Galerie möglich.
Classic Galerie: Transrapid 06 heute, „Komet“ und „Transrapid 04“ der TRANSRAPID-E.M.S.: