Zeche Zollverein: UNESCO Weltkulturerbe in Essen-Stoppenberg
Die Anfänge von Zeche Zollverein
Spricht man von der Zeche Zollverein in Essen, so ist heute oft die imposante Schachtanlage XII gemeint. Das 55 Meter hohe Doppelbockfördergerüst wird oft auch „Eiffelturm des Ruhrgebiets“ genannt und ist heute UNSECO Weltkulturerbe. Die Anfänge der gesamten Zechenanlage liegen in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als im Essener Norden im damaligen Dorf Stoppenberg die ersten Abteufarbeiten auf dem Gelände des Schachts 1/2 begannen. Die Nähe zur damals neugebauten Köln-Mindener Bahnstrecke war ideal um den An- und Abtransport von Materialien zur Zeche und später auch zur angeschlossenen Kokerei zu sichern.
Was um 1847 mit einer Doppel-Malakow-Anlage auf dem Gründungsschacht 1/2 begann, fand gegen 1930 einen wirtschaftlichen und architektonischen Höhepunkt im Neubau der Schachtanlage XII. Diese Anlage sollte alle anderen zur Zeche Zollverein gehörenden Schächte für die Hebung und Verarbeitung der Kohle mit einem Schlag überflüssig machen. Sie wurde von den Architekten Schupp und Kremmer in intensiver Zusammenarbeit mit dem werkseigenen Ingenieuren technisch und architektonisch durchkomponiert, so wie es vorher bei noch keiner Förderanlage geschehen war. Anders als bei der aus einem Guss konzipierten Zeche Zollverein, war es bis dato üblich, hinzukommende Gebäude einfach zu den schon bestehenden zu addieren.
Die Zeche Zollverein sollte weitgehend menschenleer wirken
Bei der Konzeption von Zeche Zollverein Schacht XII war es das Ziel von vornherein die Arbeitsabläufe und den dafür benötigten Raum so mit in die optische Gestaltung zu integrieren, dass auch der künstlerische Anspruch nicht zu übersehen war. Obwohl die einzelnen Werkshallen einen am Bauhaus orientierten schlichten kubistischen Stil aufweisen, fügen sie sich insgesamt zu einem beeindruckenden Gebäude-Ensemble zusammen. Es wurde großer Wert auf einen harmonische Verbindung von Funktionalität und Ästhetik gelegt. Die moderne Ästhethik brachte jedoch auch Nachteile mit sich. Gewünscht war ein hochmoderner, automatisierter Charakter der neuen Zeche Zollverein. Die Menschen hatten sich zu fügen, was teilweise ganz banale Alltagsbedürfnisse erschwerte: Die nächste Toilette konnte auf der Anlage recht weit entfernt sein.
Das Doppelbock-Fördergerüst von Zeche Zollveein, das über dem bis zu 1.040 Meter tiefen Schacht thront, stellt nicht nur optisch den Mittelpunkt der Anlage dar, sondern bedeutet auch im inneren die Zentralisierung sämtlicher Arbeitsabläufe, die in den Tagesanlagen des Schachts XII vorgenommen wurde. Hier wurde nicht nur die Kohleförderung abgewickelt, sondern auch die nachfolgende Aufbereitung, wie z.B. die Trennung von Kohle und Berge (Abraum, unbrauchbares Material) und die Kohlenwäsche, sowie auch die zum Abbau benötigte Druckluft erzeugt. Die dafür zuständigen Gebäudekomplexe gliedern sich in unmittelbarer Nähe in axialer Ausrichtung um das Fördergerüst.
Zeche Zollverein XII als Wunderwerk der Technik
Schacht XII war nicht nur ein Maßstab in architektonischer Gestaltung und ein Zeichen steigender Automatisierung, die im Zeichen der zunehmenden Rationalisierungen stand, sondern auch ein Prestigeobjekt, zu dem die Fachwelt der 30er Jahre pilgerte, um dieses „Wunderwerk der Technik“ zu bestaunen. Bergleute hatten keinen Zutritt zu diesem, mit einem Ehrenhof ausgestatteten Teil der Zeche Zollverein. Die Sozialeinrichtungen und die Seilfahrt befanden sich weiterhin in der alten Anlage des Schacht 1/2. Kohlegeschwärzte Kumpel sollten nicht den Eindruck der Modernität der Anlage trüben.
Als Zollverein nach 55 Betriebsjahren 1986 stillgelegt wurde, lagen eine tägliche Fördermenge von fast 13 000 t verwertbarer Kohle und eine Beschäftigtenzahl von über 5.000 Bergleuten hinter ihr (in wirtschaftlichen Spitzenzeiten).
Nach dem abgewendeten Abriss dauerte es keine 10 Jahre bis die Wandlung der Anlage zu einem industriekulturellen Reviertreffpunkt erfolgte. Die Zeche Zollverein wurde rasch ein Ort der Kunst und beherbegte bald Ausstellungen und das Designzentrum NRW. Im Jahr 2006 wurde die Kohlenwäsche einer zumindest teilweise umstrittenen Umnutzung als Austellungsort („Entry“) zugeführt. Anschließend wurde sie Heimat des Ruhrmuseums. Insbesondere die Eingriffe in die maschinelle Ausstattung und das Umfeld der Anlage, sowie der Anbau einer gigantischen geschlossenen Rolltreppe standen im Zentrum der Kritik. Die Besucherzahlen lassen jedoch gewiss keinen Zweifel daran, dass die gewählte Form der Umnutzung hohen Zuspruch in der Bevölkerung und touristische Anziehungskraft weit über das Ruhrgebiet hinaus genießt.